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Freibrief für Stalleinbrüche? Für Rukwied ein Skandal

Vertreter der Landwirtschaft reagierten am Freitag entsetzt auf das Urteil des Oberlandesgerichtes Naumburg, das drei Tierrechtsaktivisten nach dem Eindringen in einen Stall vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs freigesprochen hatte. Für DBV-Präsident Joachim Rukwied ist das Urteil ein Skandal und eine Bankrotterklärung.

Lesezeit: 4 Minuten

Vertreter der Landwirtschaft reagierten am Freitag entsetzt auf das Urteil des Oberlandesgerichtes Naumburg, das drei Tierrechtsaktivisten nach dem Eindringen in einen Stall vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs freigesprochen hatte.


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Für DBV-Präsident Joachim Rukwied ist das Urteil ein "Skandal" und eine "Bankrotterklärung". "Der Schutz der Persönlichkeit, des Eigentums, der Sicherheit der Tierbestände und der Bauernfamilien wird missachtet. Es ist ein Trugschluss, dass es bei diesem illegalen Eindringen in Ställe um den Tierschutz geht. Umso wichtiger ist es, dass die neue Bundesregierung dieses Thema gesetzgeberisch aufnimmt.“

 

Strafrecht dürfe nicht dem medialen Verwertungsinteresse einzelner Gruppen untergeordnet werden. Die Kontrolle der Einhaltung von Tierschutzbestimmungen obliege den zuständigen staatlichen Behörden und nicht der Selbstjustiz interessierter Gruppen. „Bei einem hinreichenden Verdacht können jederzeit und zeitnah die zuständigen Behörden informiert werden. Erfolgt dies nicht, muss davon ausgegangen werden, dass es nicht um Tierschutz, sondern um die mediale Verwertung geht“, so Rukwied.


WLV warnt vor Signalwirkung


Das sieht auch der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) so. Das Machtmonopol liege beim Staat. Dies sei ein tragender Pfeiler des Rechtsstaats, der nicht in Frage gestellt werden darf, hieß es in Münster.


Die Entscheidung ist nach Meinung des WLV geeignet, dieses Grundprinzip des Staates in Frage zu stellen. Es überrasche nicht, dass Tieraktivisten dem Urteil „Signalwirkung“ zumessen. Selbsternannte Tierschützer würden ermutigt, angebliche Vollzugsdefizite staatlicher Behörden für Straftaten zum Anlass zu nehmen. Die Rechte der Geschädigten, beispielsweise das Hausrecht, werden auf der Strecke bleiben.


Dr. Martin: „Karrieregedanken und Lobbydruck bremsen Amtstierärzte aus“


Nach Ansicht von Dr. Madeleine Martin, der Landestierschutzbeauftragten von Hessen, hat das Gericht einen rechtfertigenden Notstand aufgrund massiven Versagens der zuständigen staatlichen Überwachungsbehörden erkannt. Das Urteil sei aber in keiner Weise ein Freibrief für Tierschutzaktivisten, sondern vielmehr eine Ohrfeige sowohl für Veterinärbehörden, die von Missständen wissen, sie aber nicht ahnden, als auch für politisch Verantwortliche, die mangelhafte Ausstattung der Veterinärbehörden als normal betrachten, oder sie vielleicht sogar wünschen.

 

„Eine Tierschutz-Routinekontrolle auf einem landwirtschaftlichen Betrieb ist in einigen deutschen Landkreisen so häufig wie ein Sechser im Lotto“, so Martin weiter. Ihrer meinung nach liegt das zum einen daran, dass viele Veterinärämter chronisch und seit Jahren unterbesetzt sind, zum anderen aber auch, dass Amtstierärzte aus Verbundenheit mit der Landwirtschaft, fehlendem Engagement oder Angst um ihre Karriere über schwerwiegende Missstände hinwegsehen und in solchen Fällen dem Tierhalter nicht einmal unrechtmäßig erhaltene EU Fördermittel kürzen lassen.

 

„Engagement im Tierschutz ist der Karriere in Veterinärverwaltungen nicht immer förderlich. Nach meiner fast 30-jährigen Erfahrung als Amtstierärztin und Landestierschutzbeauftragte werden solche Amtstierärzte, die aktiv und engagiert im Tierschutz handeln, von fach- oder politisch Vorgesetzten immer wieder ausgebremst.“ Den Einfluss landwirtschaftlicher Lobbyverbände hält Martin von lokaler bis hin zur Bundesebene für bemerkenswert und unübersehbar. Die Landestierschutzbeauftragte fordert deshalb von Bund und Ländern:

  • eine zeit- und aufgabengemäße Ausstattung von Veterinärämtern, nicht nur mit einer ausreichenden Zahl TierärztInnen, sondern auch VerwaltungsmitarbeiterInnen
  • Eine finanzielle Unterstützung des Bundes an die Länder, damit dies zeitnah umgesetzt werden kann
  • Eine aktive Unterstützung engagierter Amtstierärzte durch politisch Verantwortliche anstatt Sonntagsreden zum Welttierschutztag


Tierrechtler fordern, Stalleinbruch als Nothilfe im Koalitionsvertrag zu verankern


Nothilfe und Notwehr gelten nach Ansicht des Vereins „Menschen für Tierrechte“ auch für Tiere und wiegen schwerer als der Tatbestand des Hausfriedensbruchs. Die Entscheidung des 2. Strafsenats des OLG Naumburg zum Fall der Aktivisten der Tierschutzorganisation Animal Rights Watch (ARIWA) sei zukunftsweisend für den Tierschutz. Deshalb müsse die Bundesregierung den Koalitionsvertrag umgehend korrigieren. Dieser sieht bislang noch vor, Stalleinbrüche als Straftatbestand effektiv zu ahnden.

 

„Die Vereinbarung verstößt gegen geltendes Recht!“, meint Dr. Christiane Baumgartl-Simons, stellvertretende Vorsitzende des Vereins und betont wie peinlich es sei, dass das OLG Naumburg der Politik Nachhilfeunterricht geben muss, wie das Staatsziel Tierschutz in die Praxis umzusetzen sei. „Tierschutzverstöße in Ställen und Laboren passieren viel zu oft und sind die Folge von Unrechtsbewusstsein der Verursacher in Kombination mit unterbesetzen Veterinärverwaltungen und unklaren Rechtssituationen.“ Naumburg hat ihrer Ansicht nach unüberhörbar den Startschuss zum Ausmisten der staatlich sanktionierten Tierquälerei gegeben.

 

Baumgartl-Simons verweist in diesem Zusammenhang auf die verschiedenen durch verdeckte Aufnahmen angestoßenen Debatten und Überprüfungen: Von den Affenversuchen der Autoindustrie bis hin zur Normenkontrollklage des Landes Berlin zur Überprüfung der Rechtsvorgaben in der Schweinehaltung oder die Tierschutzverbandsklagen gegen die Haltungsbedingungen von Puten und Schweinen.



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