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Cornelia Schmergal

Bericht der Rentenkommission Erschreckend harmlos

Cornelia Schmergal
Ein Kommentar von Cornelia Schmergal
Die Rentenkommission der Bundesregierung legt einen enttäuschenden Bericht vor. Sie vertagt wesentliche Entscheidungen in die Zukunft - und die wird nicht rosig.
Älteres Paar (Archivbild)

Älteres Paar (Archivbild)

Foto: Sven Simon/ imago images

Es kam alles etwas anders als noch vor Wochen geplant. Am Abend vor der Übergabe des Abschlussberichtes musste die Rentenkommission ihr feierliches Essen ausfallen lassen. Die zehn Mitglieder erschienen am Freitagmittag auch nicht persönlich im Bundesarbeitsministerium, um ihre Vorschläge an Ressortchef Hubertus Heil zu übergeben, sondern schalteten sich in einer Telefonkonferenz zusammen. Von konkreten, einmütigen Festlegungen blieb die Runde bei den entscheidenden Fragen ohnehin weit entfernt.

Vielleicht ist es eine Gnade des Schicksals, dass die Vorschläge der Rentenkommission nur bescheidene Aufmerksamkeit finden werden, weil die Coronakrise jedes andere Thema überlagert. Nach zwei Jahren intensiver Arbeit hat die Runde einen Bericht von erschreckender Harmlosigkeit vorgelegt.

Auf sehr vielen Seiten sagt die Rentenkommission am Ende sehr wenig Konkretes.

  • Das gesetzliche Sicherungsniveau soll nach 2025 in einem Korridor zwischen 44 und 49 Prozent liegen - und noch nicht mal bei dieser vagen Festlegung war sich die Runde einig.

  • Über die Frage, ob die Regelaltersgrenze künftig im Einklang mit der Lebenserwartung steigen soll, wird erst 2026 entschieden. Diesen Auftrag verschob die Kommission in einen Alterssicherungsbeirat, kurz: in eine andere Kommission.

  • Und über die Vorlage, ob es klug wäre, die zusätzliche Vorsorge auszubauen, indem sie für alle obligatorisch wird und Arbeitgeber sich mindestens zur Hälfte beteiligen sollen, soll erst in einigen Jahren beraten werden.

Hier zeigt sich das grundlegende Problem des Berichts: Die Kommission nennt eine Reihe spannender Vorschläge, die sie zur Prüfung empfiehlt, legt sich aber kaum irgendwo fest. Wer je an die These geglaubt hatte, es brauche eine Kommission, um richtungsweisende rentenpolitische Beschlüsse im gesellschaftlichen Konsens zu verhandeln, der dürfte ernüchtert sein.

Überrascht ist dagegen niemand, der die Arbeit der Runde in denen vergangenen Monaten verfolgt hat. Von Anfang an glich ihr Auftrag einem politischen Harakiri-Kommando. Schon bei ihren Koalitionsverhandlungen konnten sich Union und SPD nicht auf entscheidende Fragen der Rentenpolitik einigen. Daher legten sie lediglich fest, dass das gesetzliche Rentenniveau bis 2025 nicht unter 48 Prozent sinken und der Beitragssatz zugleich nicht über 20 Prozent steigen solle. Die Entscheidung über den Zeitraum danach verschoben die Koalitionäre in die Rentenkommission.

Dumm nur, dass es sich bei der Zeit nach 2025 um die entscheidenden Jahre für die Rentenkasse handelt, da ab dann die Generation der Babyboomer in den Ruhestand geht. Doppelt dumm, dass die Kommission zur Hälfte mit Politikern jener Parteien besetzt wurde, die sich schon bei den Koalitionsgesprächen nicht einigen konnten.

So wundert es nicht, dass die Runde kaum aufsehenerregende Vorschläge und keinen zukunftsweisenden Konsens hervorbrachte. Und doch findet sich im Papier ein kleines, strahlendes Detail, das nicht unterschätzt werden sollte: Die Rentenkommission macht Schluss mit dem Irrglauben, dass das ausgewiesene Sicherungsniveau eine verlässliche Maßzahl für die individuelle Absicherung sein könnte.

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Daher ist es klug, dass die Kommission dafür plädiert, eine neue Messgröße festzuschreiben. Eine "Bezugsgröße zum Schutz der Rentnerinnen und Rentner" soll künftig zeigen, wie groß der Abstand einer Durchschnittsrente nach einem langen Arbeitsleben zum durchschnittlichen Bedarf der Grundsicherung im Alter ist.

Sozialexperten plädieren schon lange dafür, jedem Beschäftigten und jedem Rentner verständlicher zu machen, mit welcher Absicherung im Alter zu rechnen ist. Für diese Erkenntnis allerdings hätte die Bundesregierung keine zehnköpfige Kommission gebraucht.