Menschen mit Alzheimer-Demenz können sich in ihrem Wesen und Verhalten ändern. Dies äußert sich z. B. in sehr starker Streitlust (Aggression), Reizbarkeit, sehr starke Unruhe, Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Um diese Symptome zu lindern, gibt es Medikamente, die auf das Gehirn und Nervensystem wirken: die Neuroleptika. Eines dieser Medikamente heißt Haloperidol. 

Haloperidol ist bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz für die Behandlung von anhaltender sehr starker Streitlust, Wahrnehmungs-Störungen und Wahnvorstellungen zugelassen. Allerdings darf Haloperidol laut Arzneimittel-Zulassungsbehörde nur eingesetzt werden, wenn nicht-medikamentöse Therapien nicht gewirkt haben und wenn die Erkrankten sich selbst oder andere gefährden könnten.

Wir haben anhand der vorhandenen randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) geprüft, welchen Nutzen und Schaden die Behandlung mit Neuroleptika bei psychischen Beschwerden und Verhaltens-Änderungen haben kann. Nutzen bedeutet in diesem Zusammenhang: Die psychischen Beschwerden und Verhaltens-Änderungen bessern sich. Schaden heißt: Bei Einnahme der Medikamente treten Nebenwirkungen auf. An den Studien nahmen überwiegend Menschen mit Alzheimer-Demenz teil. Diese wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe bekam das Medikament Haloperidol. Die andere Gruppe bekam ein Schein-Medikament ohne Wirkung. Diese beiden Gruppen wurden miteinander verglichen.

Nutzen und Schaden auf einen Blick Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Nach aktuellem Stand der Forschung überwiegt der Schaden den Nutzen. Die Studien sind allerdings nicht frei von Mängeln oder es ist unklar, ob sie fachgerecht durchgeführt wurden. Deswegen ist die Zuverlässigkeit der Ergebnisse eingeschränkt.

Was sind die Ergebnisse der Studien? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Die fünf Studien kamen zu keinen einheitlichen Ergebnissen. In zwei Studien gab es keine Unterschiede bei den Symptomen zwischen der Gruppe mit und der Gruppe ohne Haloperidol. In den drei anderen Studien scheint Haloperidol die Symptome zu lindern. Diese Linderung ist aber meist so gering, dass bezweifelt wird, ob sie für die Patientinnen und Patienten sowie Pflegepersonen im Alltag überhaupt wahrnehmbar ist.

In allen Studien haben die Patienten und Patientinnen, die Haloperidol erhielten, mehr unerwünschte Nebenwirkungen, als diejenigen, die ein Schein-Medikament bekamen. Dabei handelt es sich um vermehrte Muskelanspannungen, Gang- und Sprachstörungen sowie Händezittern. Die Symptome ähneln denen von Patienten und Patientinnen, die unter der Parkinsonkrankheit leiden.

Zu Langzeitfolgen einer Behandlung mit Haloperidol können die Studien keine Aussagen treffen, da die Studien nur sechs bis 16 Wochen dauerten.

Warum sind die Ergebnisse der Studien unsicher? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Die Studien haben methodische Mängel oder es bestehen Zweifel, ob die Studien gut durchgeführt wurden. Es ist zum Beispiel nicht klar, ob die zufällige Zuteilung der Studienteilnehmer auf die zwei Studiengruppen fachgerecht durchgeführt wurde. Wenn dies nicht der Fall ist, sind die beiden Studiengruppen möglicherweise nicht vergleichbar. Dies könnte die Ergebnisse verzerrt haben. 

Für die Gesamtbewertung der Ergebnisse aller Studien ist außerdem wichtig zu wissen, dass die Forschergruppen die Verhaltens-Änderungen in den verschiedenen Studien unterschiedlich definiert haben. Zudem wurden unterschiedliche Fragebögen genutzt. Auch die Dosierung des Medikaments unterschied sich. Es wurde den behandelnden Ärzten und Ärztinnen größtenteils freigestellt, die Dosierung zu verändern – je nachdem, wie es den Patientinnen und Patienten damit ging. In einer Studie durften zusätzlich Schlafmittel und Medikamente gegen Depression verabreicht werden.

Wer hat an den Studien teilgenommen? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Es nahmen entweder nur Menschen mit Alzheimer-Demenz teil oder der überwiegende Teil der Untersuchten hatte Alzheimer-Demenz. Die Patienten und Patientinnen hatten psychotische Symptomen oder Verhaltens-Auffälligkeiten in unterschiedlicher Schwere. Das durchschnittliche Alter betrug 70 bis 80 Jahre. An allen Studien nahmen mehr Frauen als Männer teil. Die Patientinnen und Patienten lebten zu Hause, in Krankenhäusern oder Langzeit-Pflegeeinrichtungen. Informationen über den Schweregrad der Demenz sind nur in einer Studie aufgeführt: Der Schweregrad wird dort als mild oder mäßig bezeichnet. In einer weiteren Studie wurden ausschließlich Patientinnen und Patienten aufgenommen, die einen Unterstützungsbedarf von mindestens fünf Stunden täglich hatten. Dies weist auf eine fortgeschrittenere Erkrankung hin.

Inwieweit die Ergebnisse der Studien auf andere Personengruppen, z .B. jüngere Menschen mit Alzheimer-Demenz übertragbar sind, ist unklar. 

Hier erfahren Sie mehr zur Wirkungsweise von Neuroleptika und zu Nutzen und Schaden anderer Neuroleptika.

 

Die Informationen stellen keine endgültige Bewertung dar, sondern basieren auf den besten derzeit verfügbaren Erkenntnissen.

Aktualisiert im September 2022. Erstellt im März 2019. Nächste geplante Aktualisierung: September 2025

Autoren: Dr. Martina Albrecht, Lisa-Marie Ströhlein, Jochen Randig (alle von der Stiftung Gesundheitswissen)

Wissenschaftliche Beratung: Dr. Dagmar Lühmann

Quellen Interessenkonflikte