Parteien (und andere Träger von Wahlvorschlägen) können von den Meldebehörden unter bestimmten Voraussetzungen Daten von Wahlberechtigen für personalisierte Wahlwerbung erhalten. Bei den jüngsten Europa- und Kommunalwahlen führte dies zu einer Vielzahl von Beschwerden beim Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Oft war Betroffenen schlichtweg nicht bekannt, dass Meldebehörden Daten an Parteien für Wahlwerbung herausgeben dürfen, wenn sie nicht von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen. In diesen Fällen reichte ein Hinweis auf die Rechtslage aus. Jedoch waren auch massive Datenpannen bei Meldebehörden zu verzeichnen, die zu rechtswidrigen Datenübermittlungen führten. Aufgrund von Fehlern wurden teilweise Daten von Nichtwahlberechtigen oder Personen, für die Übermittlungssperren eingetragen sind, übermittelt. Dies führte etwa dazu, dass Säuglinge und Kleinkinder personalisierte Wahlwerbung erhielten!

„Parteien nehmen im demokratischen Willensbildungsprozess eine hervorgehobene Rolle ein und sind deshalb melderechtlich privilegiert“, hebt der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Dr. Stefan Brink, in diesem Zusammenhang hervor. Die Vielzahl von Pannen bei Datenübermittlungen zum Zwecke der Wahlwerbung zeige jedoch dringenden Handlungsbedarf bei den Meldebehörden auf. Bereits einfache organisatorische und technische Maßnahmen, wie die Sensibilisierung und Schulung von mit Melderegisterauskünften befassten Mitarbeitern im Vorfeld von Wahlen oder die Anwendung des Vier-Augen-Prinzips bei der Datenaufbereitung, könnten helfen, entsprechende Vorkommnisse deutlich zu reduzieren. Dass Bürger über solche Datenpannen verärgert sind, sei absolut nachvollziehbar. „Weniger Unmut und Unverständnis bei den Bürgern sowie eine zielgerichtete Wahlwerbung hilft letztendlich allen Beteiligten“, so Brink weiter.

Nicht nur bei Melderegisterauskünften zum Zwecke der Wahlwerbung, sondern auch bei Datenübermittlungen an Adressbuchverlage zur Herausgabe von Adressbüchern und an Mandatsträger, Presse und Rundfunk bei bestimmten Alters- und Ehejubiläen gibt es ein gesetzliches Widerspruchsrecht. Dieses ist gegenüber der Meldebehörde auszuüben, von keinen Voraussetzungen abhängig und braucht nicht begründet zu werden. Ein eingelegter Widerspruch gilt unbefristet, kann aber jederzeit zurückgenommen werden.

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