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Wirtschaft Tourismus-Boom

Spanien erlebt einzigartigen Urlauberansturm

Besonders die Briten scheinen sich in Spanien wohl zu fühlen. Deutschland liegt auf Rang 2 gefolgt von Frankreich Besonders die Briten scheinen sich in Spanien wohl zu fühlen. Deutschland liegt auf Rang 2 gefolgt von Frankreich
Besonders die Briten scheinen sich in Spanien wohl zu fühlen. Deutschland liegt auf Rang 2 gefolgt von Frankreich
Quelle: Infografik Die Welt
Die iberische Halbinsel verzeichnet einen Besucherrekord – schon jetzt ist Spanien das dritthäufigste Reiseziel weltweit. Doch das Land steht nun durch die Touristenhorden allerdings vor Problemen.

Worum geht es

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Die Hoteliers im valencianischen Benicassím hatten mal wieder den richtigen Riecher. Sie hatten sich rechtzeitig auf den Ansturm zu Ostern vorbereitet und ihre weiß-blauen Strandbuden pünktlich zu den Feiertagen aufgestellt. Auch zusätzliches Personal für die Ferienzeit wurde eingestellt.

Die Rechnung ging auf: Die Hotels und Campingplätze waren zu 90 Prozent ausgebucht, am Strand tobte das Leben. „Wenn sich das gute Wetter hält, haben wir bis zum Sommer Arbeit“, glaubt Juan Manuel, der eine Anstellung als Kellner gefunden hat.

Das Bild wiederholte sich an allen spanischen Ferienorten, egal ob auf den Balearen, Teneriffa oder im ebenfalls valencianischen Benidorm, die Auslastung der Hotels lag dieses Jahr sieben Prozent über dem Vorjahr.

„Der Tourismus festigt seine Stellung als wichtigster Zweig der Wirtschaft unseres Landes und als Motor für die Erholung“, so Industrieminister José Manuel Soria, der auch für den Tourismus zuständig ist.

In den ersten drei Monaten kamen 10,1 Millionen Touristen nach Spanien, das sind 7,2 Prozent mehr als im ersten Quartal 2013. Schon jetzt ist Spanien das dritthäufigste Reiseziel weltweit, hinter Frankreich und den Vereinigten Staaten. Bei den Einnahmen – nach Angaben der Bank von Spanien 60 Milliarden Euro im vergangenen Jahr – rangiert man gar auf Platz zwei.

Neuer Besucherrekord erwartet

Die Reservierungen für den Sommer aus so wichtigen Märkten wie Frankreich oder Deutschland stimmen die Branche noch optimistischer. Schon jetzt geht man davon aus, dass Spanien den im letzten Jahr aufgestellten Besucherrekord von 60,6 Millionen Touristen dieses Jahr übertreffen wird.

„Wegen der Umbrüche in der arabischen Welt gilt Spanien als sichereres Urlaubsziel“, so Juan Molas, Präsident des spanischen Hoteldachverbands CEHAT. Seit dem Ausbruch des arabischen Frühlings in Nordafrika 2011 wurden jedes Jahr bis zu 500.000 Touristen auf die Kanarischen Inseln umgeleitet.

Doch nicht nur Ausländer strömten auf die iberische Halbinsel, auch bei den krisengeplagten Spaniern kam dank der Konjunkturbelebung zu Jahresbeginn wieder Lust auf Urlaub auf, an manchen Orten machten sie gar den ausländischen Touristen die Betten streitig.

Die spanische Fremdenverkehrsindustrie setzt rund 110 Milliarden Euro im Jahr um, das entspricht elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Einnahmen stammen je zur Hälfte von den Einheimischen und den Touristen aus dem Ausland. Während das Geschäft mit den ausländischen Gästen in den letzten Jahren stetig wuchs, fiel die Nachfrage der Spanier im Zuge der Finanzkrise auf den Stand von 2004.

Tourismus schafft Arbeitsplätze

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„Die Talsohle ist jetzt durchschritten“, glaubt man bei CEHAT. „An Ostern stieg die Zahl der spanischen Urlaubsgäste um stolze 16 Prozent“. Die Experten glauben, dass die Branche dieses Jahr um zwei Prozent zulegen wird. Das wäre doppelt so hoch wie das erwartete Wachstum des spanischen Bruttoinlandsprodukts und dürfte auch die dringend benötigte Schaffung von Arbeitsplätzen in die Wege leiten.

35.000 neue Jobs sind dieses Jahr bereits Hotel- und Gaststättengewerbe entstanden. „Der Tourismus ist ein Rettungsanker in der Krise“, heißt es in einem Bericht der Bank von Spanien. Der Konjunkturaufschwung in der Europäischen Union und die Zunahme von Gästen aus Russland und Skandinavien brächten zusätzlichen Schwung in den Markt.

Potenzial gibt es auch bei den asiatischen Touristen, die jetzt in Scharen Ziele rund um den Globus ansteuern. Bislang ist nur jeder fünfzigste Tourist in Spanien asiatischen Ursprungs. Daran will man jetzt etwas ändern, denn ein chinesischer Tourist gibt am Tag im Schnitt 670 Euro in Spanien aus, ein Durchschnittstourist aus Europa nur 100 Euro.

Ganz besonders profitierten an Ostern die Balearen, insbesondere Mallorca, von Europas sonnenhungrigen Urlaubern. Allein in der Osterwoche wurden 859.000 Passagiere am Flughafen von Palma de Mallorca abgefertigt, das sind 13 Prozent mehr als Ostern 2013.

Kein Sex am Strand bei helllichtem Tag

Die Balearen sind die zweitwichtigste Urlauberregion Spaniens hinter Katalonien. Allein im letzten Jahr besuchten vier Millionen Deutsche die Balearen und stellen damit fast ein Drittel aller Urlaubsgäste auf der Inselgruppe.

Mit dem neuerlichen Touristenansturm treten auch wieder so manche Probleme von früher auf, besonders auf Mallorca, der unangefochtenen Lieblingsinsel der Deutschen. Im Mai etwa tritt die städtische „Verordnung für gutes Benehmen“ in Kraft, meldet das Mallorca-Magazin. Urlauber, die in Badehose oder Bikini durch Palmas Altstadt spazieren, können ab dann mit einem Bußgeld belegt werden.

Auch Sex am Strand bei helllichtem Tag, wie kürzlich offenbar in Magaluf im Südwesten Mallorcas geschehen, erzürnt die Gemüter. Die Schwesterzeitung des Mallorca-Magazins „Ultima Hora“ zeigte hierzu ein Foto eines offenbar betrunkenen Pärchens auf einer Strandliege.

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Die mallorquinischen Tourismusmanager legen Wert auf das Image ihrer Insel und darauf, dass Mallorca ein Ziel für alle Altersgruppen, auch Familien mit Kindern und Rentner, bleibt. Einige Krankenhäuser haben sich bereits auf den Gesundheitstourismus spezialisiert und sogar eigene Stationen für ausländische Patienten eingerichtet.

Touristen verdrängen Einheimische

Bei der Suche nach neuen Zielgruppen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. So wollen die spanischen Hafenbehörden jetzt einen Teil ihrer 187 Leuchttürme in Hotels umwandeln. Und in Katalonien haben die Besitzer von Schlössern und das katalanische Tourismusunternehmen DNA ein Abkommen unterzeichnet, um die Schlösser dem Tourismus zu öffnen.

Eine ganz besondere Idee hat jetzt der Fußballclub Real Madrid. In seinem neuen Stadium soll ein Luxushotel entstehen, von dessen Zimmer aus man ganz bequem die Spiele auf dem Rasen verfolgen kann. Der neue Fußballtempel soll 2017 fertig werden und sein Quäntchen zum Boom beitragen.

Andernorts dagegen klagt man bereits über zu viele Touristen. In Barcelona haben die Stadtoberen ausgerechnet, dass jedes Jahr einhundert Millionen Passanten die Flaniermeile „Las Ramblas“ ablaufen. Auf der Jagd nach Touristen haben Gaststättenbesitzer die Einheimischen längst vertrieben und locken mit ein Liter-Sangria-Getränken und in Spanien eher unüblichen Bierkrügen.

Für die katalanische Zeitung „La Vanguardia“ ist das Fazit klar: „Wir drohen am eigenen Erfolg zu ersticken“.

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