Europäischer Gerichtshof stärkt Kampf gegen Testsiegel-Missbrauch

In eigener Sache

Autor: ÖKO-TEST | Kategorie: Geld und Recht | 11.04.2019

Europäischer Gerichtshof stärkt Kampf gegen Testsiegel-Missbrauch
Foto: Evlakhov Valeriy/shutterstock; ÖKO-TEST

Testanbieter wie ÖKO-TEST können laut dem EuGH die Nutzung ihrer bekannten Testsiegel untersagen. Das Grundsatzurteil soll Verbraucher vor Falschinformationen schützen. Die Richter urteilten über einen unzulässigen Einsatz des ÖKO-TEST-Labels.

Luxemburg/Frankfurt am Main. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass Testanbieter wie ÖKO-TEST die Nutzung ihres Testsiegels untersagen können. Voraussetzung ist, dass das Siegel als bekannte Marke gilt, die missbräuchlich genutzt wird. Mit dem Grundsatzurteil stärkt das oberste EU-Gericht Testanbieter im Kampf gegen die Unsitte vieler Firmen, Verbraucher durch den unrechtmäßigen Gebrauch von Testsiegeln falsch zu informieren.

EuGH-Urteil stützt seriöse Testsiegel wie das ÖKO-TEST-Label

Mit dem Urteil ist nun geklärt, dass Testanbieter grundsätzlich markenrechtliche Ansprüche gegen die Nutzung ihrer Testsiegel durchsetzen können. Als Markeninhaber können sie den Einsatz untersagen, wenn ihr Testsiegel wie das ÖKO-TEST Label als bekannt im Sinne des Markenrechts anzusehen ist und dieses zur Falschinformation der Verbraucher genutzt wird.

Der EuGH stärkt mit seinem Urteil seriöse und bekannte Testsiegel wie die von ÖKO-TEST und der Stiftung Warentest. Für Verbraucher bedeutet es, dass sie sich hoffentlich künftig noch mehr auf die bekannten Testsiegel der deutschen Warentester verlassen können. Die Flut der unseriösen oder industrienahen Siegelanbieter dürfte es hingegen künftig schwer haben, sich auf dem Markt der Verbraucherinformation zu behaupten. 

Denn mit seinem Urteil spricht sich der EuGH dagegen aus, dass Testanbieter die Nutzung ihrer Testsiegel bereits dann untersagen können, wenn diese als Marken eingetragen sind. In diesem Fall erfolge keine markenmäßige Nutzung des Testsiegels durch die Hersteller, so der EuGH. Erst wenn ein Testanbieter sich darauf stützen kann, dass es sich bei seinem Testsiegel um eine bekannte Marke handelt, kann er einen markenrechtlichen Schutz an diesem geltend machen.

Europäischer Gerichtshof urteilte zu falscher Nutzung von ÖKO-TEST-Siegel

Was das Grundsatzurteil im Einzelfall bedeutet, müssen nun deutsche Gerichte klären. Unter anderem sind derzeit drei weitere Verfahren von ÖKO-TEST vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe anhängig. Der BGH hatte diese bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt.

In dem vom EuGH beurteilten Fall hat sich ÖKO-TEST gegen die Nutzung seines Labels für eine Zahnpasta gewehrt. Denn das Produkt entsprach nach Ansicht von ÖKO-TEST wegen einer Überarbeitung durch den Hersteller nicht mehr dem Produkt, das ÖKO-TEST ursprünglich getestet hatte. Das Verfahren begann vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht in Düsseldorf. Letzteres hatte beschlossen, dass grundlegende europarechtliche Fragen des Markenrechts zu klären seien und die Sache dem EuGH vorgelegt. Das Oberlandesgericht wird auch abschließend über den Fall urteilen.

Bisher kein Schutz von Warentest-Siegel durch Markenrecht

ÖKO-TEST begann vor etwa acht Jahren, konsequent gegen die unberechtigte Nutzung des ÖKO-TEST-Labels vorzugehen. Damals setzten immer mehr Firmen in ihrer Testwerbung nur scheinbar gute und sehr gute Testergebnisse in das ÖKO-TEST Label ein und informierten die Verbraucher dadurch falsch. In aufwendigen und kostspieligen Gerichtsprozessen wehrt sich ÖKO-TEST seitdem immer wieder gegen die falsche Nutzung des Labels.

Die Durchsetzung von Testsiegel-Bedingungen gegenüber Herstellern war bisher problematisch. Denn die zulässige Nutzung von Testsiegeln wie dem ÖKO-TEST-Label mit Angabe des Testergebnisses „sehr gut“ oder „gut“ war bisher nicht höchstrichterlich geklärt. Sämtliche Urteile zur Testwerbung ergingen im Wettbewerbsrecht. Doch das räumt den Testanbietern gegenüber den Herstellern getesteter Produkte keine eigene Klagebefugnis ein.

Auch konnten sich Testanbieter bisher nicht rechtssicher darauf stützen, dass es sich bei ihren Testsiegeln um Marken im Sinne des EU-Markenrechts handelt. Nur Marken geben ihren Inhabern das alleinige Recht, darüber zu entscheiden, wer diese in welcher Weise nutzen kann. Auch ÖKO-TEST hatte es damit schwer, falsche oder unsachgemäße Informationen der Verbraucher durch missbräuchlich genutzte ÖKO-TEST-Label zu unterbinden.

Falsche Werbung: Testurteil gilt nur für konkret getestetes Produkt

Testanbieter in Deutschland erlauben Herstellern getesteter Produkte grundsätzlich die Nutzung ihrer Testsiegel. Hierzu fordern die Testanbieter meist den Abschluss eines Lizenzvertrags. Er soll sicherstellen, dass Verbraucher durch Testsiegel wahrheitsgemäß und sachgerecht über die veröffentlichten Testergebnisse der Testanbieter informiert werden.

So sehen die Lizenzbedingungen von ÖKO-TEST vor, dass Unternehmen das ÖKO-TEST-Label nur für das konkret getestete Produkt nutzen dürfen. Damit soll verhindert werden, dass das Testergebnis zu einem Produkt durch die Nutzung des Labels auf andere Produkte, etwa derselben Produktserie, übertragen wird.

Testet ÖKO-TEST etwa ein rotes T-Shirt, so darf der Anbieter das Label nur für dieses, nicht aber auch für ein grünes T-Shirt nutzen. Der Grund: Da ÖKO-TEST Produkte vor allem auf Schadstoffe untersucht und diese oftmals in Farbstoffen stecken, sagt das Testergebnis eines roten T-Shirts nichts über die Schadstoffbelastung eines grünen T-Shirts aus. Durch die Nutzung des ÖKO-TEST-Labels für beide Produkte würde sich dies für den Verbraucher jedoch anders und damit falsch darstellen.

Lizenzbedingungen: ÖKO-TEST-Testsiegel nur für aktuelles Testergebnis nutzbar

Außerdem sehen die Lizenzbedingungen von ÖKO-TEST vor, dass ein Unternehmen das Label nur in Zusammenhang mit einem aktuellen Testergebnis nutzen darf. Denn ein einmal vergebenes Testurteil kann auch nach kurzer Zeit nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen. Dies liegt daran, dass ÖKO-TEST seine Bewertungen und Testkriterien immer dann verändert, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse oder Weiterentwicklungen der Laborpraxis es nötig machen.

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