Unbekannte Hacker haben bei einer Cyber-Attacke auf die Württembergischen Staatstheater Stuttgart offenbar mehrere Tausend Euro erbeutet. Hochrangige Quellen in Sicherheits- und Regierungskreisen bestätigten am Dienstag übereinstimmend entsprechende Recherchen der SÜDWEST PRESSE.
Offenbar infizierten die Angreifer das IT-System des Drei-Sparten-Hauses (Oper, Ballett, Schauspiel) mit einem Verschlüsselungstrojaner und stellten Geldforderungen. Die Staatstheater beauftragten eine Spezialfirma und schalteten auch die Polizei ein. Nach Zahlung des Lösegeldes sei die Technik wieder entsperrt worden. Angeblich sind rund 15.000 Euro geflossen. Alle mit der Angelegenheit befassten Stellen fahren eine äußerst zurückhaltende Informationspolitik, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden und um Nachahmungstäter nicht zusätzlich zu inspirieren. Nach Informationen dieser Zeitung ermitteln die Staatsanwaltschaft Stuttgart und das Landeskriminalamt (LKA) in der Sache. Sprecher beider Behörden wollten in den vergangenen Tagen keine Stellungnahme zur Sache abgeben.

Trojaner im System

Die Staatstheater werden als Landesbetrieb geführt, von Stadt und Land finanziert und fallen in die Zuständigkeit von Theresia Bauer (Grüne), Baden-Württembergs Ministerin für Wissenschaft und Kunst (MWK). Auch hängen die Staatstheater am Wissenschaftsnetz des Landes „BelWü“. Bauers Sprecherin ließ Fragen zur Erpressung und zu Details des Vorgangs am Dienstag unbeantwortet und betonte: „Da es sich um laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungen handelt, kann das MWK über die bereits erteilten Auskünfte hinaus keine weiteren Auskünfte geben.“
Bestätigt hatte die Sprecherin zuvor, dass die IT der Staatstheater ab Donnerstag (28. März) „von einer Schadsoftware betroffen“ war. Der Online-Ticketverkauf und die Kommunikation per E-Mail seien beeinträchtigt gewesen. Es habe fünf Tage gedauert, bis die Störung „behoben werden konnte“: Inzwischen sei das elektronische Ticketsystem der Staatstheater wieder voll funktionsfähig, auch die Kommunikation per E-Mail laufe wieder reibungslos. Die entstandenen Kosten könnten „noch nicht beziffert werden“. Es seien von den Angreifern keine Daten abgegriffen worden. Die Staatstheater hätten „Spezialisten beauftragt und auch die Polizei eingeschaltet“.

„Keine Personendaten betroffen“

Das betonte auch ein Sprecher der Staatstheater: Er legte überdies Wert auf die Feststellung, dass keine Daten von Kunden und Gästen von der Attacke betroffen gewesen seien. Die Besucherdatenbank etwa liege auf einem anderen Server.
Eine Sprecherin von Landes-Innenminister Thomas Strobl (CDU) erklärte, ihr Haus sei über mehrere Beamte, darunter den Beauftragten der Landesregierung für Informationstechnologie Stefan Krebs, „sowie über die polizeiliche Beteiligung des Landekriminalamts eingebunden“. Näheres wollte auch sie unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht sagen.
Cyber-Kriminalität gegen Unternehmen, Institutionen und Privatleute ist ein wachsendes Problem. Laut dem kürzlich vorgestellten Sicherheitsbericht des Innenministeriums stiegen die zuletzt rückläufigen Fallzahlen im Bereich Internetkriminalität und Computerkriminalität 2018 wieder an. Im LKA gibt es eine Zentrale Ansprechstelle Cybercrime (ZAC). Bei ihr gingen 2018 allein 805 Hinweise und Anzeigen ein.

Anstieg der Fallzahlen

Begriffe Sicherheitsbehörden unterscheiden im Bereich „Cybercrime“ zwischen Internetkriminalität und Computerkriminalität. Beide Deliktfelder sind nicht immer scharf zu treffen, beide sind 2018 gewachsen.
Internetkriminalität Darunter fallen laut Sicherheitsbericht des Innenministeriums alle Straftaten, bei denen das Medium Internet als Tatmittel dient – etwa auch Beleidigungen im Netz oder Urheberrechtsverstöße. Die Internetkriminalität stieg 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 25,8 Prozent an: auf mehr als 20 000 Fälle.
Computerkriminalität Sie liegt vor, „wenn sich die Tat gegen das Internet, weitere Datennetze, informationstechnische Systeme oder deren Daten richtet“, wie es das Innenministerium formuliert. Computerkriminalität nahm 2018 um über sechs Prozent auf circa 7500 Fälle zu.