Newsticker
Schlagzeilen, Meldungen und alles Wichtige
Die Nachrichten heute: Newsticker, Schlagzeilen und alles, was heute wichtig ist, im Überblick.
Zum Newsticker
  1. Home
  2. Kultur
  3. Medien
  4. Medienstaatsvertrag: Regeln für den Rundfunk gehen alle an

Medien Meinungsvielfalt

Dieser Staatsvertrag für Medien geht alle etwas an

Medienredakteur
Das bedeuten die neuen Medienregeln für uns

Ein neuer Medienstaatsvertrag soll den in die Jahre gekommenen Rundfunkstaatsvertrag ersetzen. Auch Internet-Plattformen sollen so kテシnftig stテ、rker in die Pflicht genommen werden.

Quelle: WELT/Sebastian Plantholt

Autoplay
Machen YouTuber Rundfunk? Müssen journalistische Beiträge, die Meinungsvielfalt fördern, besonders leicht im Netz zu finden sein? Und muss Facebook erklären, welche Videos es seinen Nutzern zeigt? Der neue Medienstaatsvertrag soll diese Fragen klären.

Wer morgens um 7 Uhr sein UKW-Radio anstellt, um die Nachrichten zu hören, und abends um 20.15 Uhr die „Tagesschau“ auf einem Röhrenfernseher einschaltet, um danach noch einen Krimi oder eine Quizsendung zu sehen, für den hat sich die Medienwelt in den vergangenen Jahren wenig verändert. Doch für alle anderen Menschen, die sich zunehmend auf smarte Fernseher, Streaming, YouTube, Facebook und Sprachassistenten eingelassen haben, hat sich der Medienkonsum dann eben doch drastisch gewandelt.

Dies hat Folgen. Denn die Technologie und damit auch die Art und Weise, wie wir uns informieren und unterhalten, entwickelt sich viel schneller als die medienpolitische Regulierung der Anbieter von Information und Unterhaltung. So gesehen ist es ein Fortschritt, wenn die Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstag zum ersten Mal statt einem neuen Rundfunkstaatsvertrag, der erstmals 1991 in Kraft trat, einen Medienstaatsvertrag beschließen. Dieses sehr umfassende Schriftwerk soll zur „Modernisierung der Medienordnung in Deutschland“ führen.

Diese Ordnung ist nach wie vor auf dem sogenannten dualen System aufgebaut, also dem Nebeneinander öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunkanbieter. Doch neben diesem dualen System hat sich seit dem Siegeszug des Web vor mehr als 20 Jahren mit Suchmaschinen, sozialen Netzwerken, Streamingdiensten und Live-Fernsehanbietern im Netz eine völlig neue Welt entwickelt, die weitgehend anders reguliert wird als ein klassischer Fernsehsender. Anders bedeutet in diesem Fall weniger, beispielsweise was die Präsentation und Verbreitung von Werbung angeht.

Lesen Sie auch

Das Ziel des Medienstaatsvertrages, an dem seit einigen Jahren gearbeitet wird, ist darum eine Angleichung der Regulierung von Rundfunk- und Telemedien, also Onlinemedien, sowie sogenannter Intermediäre. Letztere sind Plattformen im Internet, auf denen Medieninhalte anderer Anbieter verbreitet werden, also etwa Facebook. Viel Abstimmung erfordert ein solches Regelwerk, weil hier Kompetenzen der Länder (Medienaufsicht) und Befugnisse des Bundes (Kontrolle der Digitalkonzerne) aufeinandertreffen.

Was sind wichtige Punkte, die der Medienstaatsvertrag regeln soll? Erstens: Der Rundfunkbegriff an sich wird in dem Vertragswerk nicht revolutioniert, da heißt es: „Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans mittels Telekommunikation.“

ARCHIV - 15.04.2014, Hamburg: Das "Tagesschau"-Studio ist auf den Bildschirmen in der Regie des Norddeutschen Rundfunks (NDR) zu sehen. Wegen eines Warnstreiks beim NDR ist am Donnerstagmorgen (15.11.2019) mehrfach eine leicht abgespeckte Version der «Tagesschau» gesendet worden. (zu dpa "Streik beim NDR hat Auswirkungen auf «Tagesschau»-Sendung") Foto: Marcus Brandt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
"Tagesschau" hat Vorfahrt: Meinungsbildender Journalismus soll laut Medienstaatsvertrag besonders leicht im Netz auffindbar sein
Quelle: dpa

Entscheidend ist vielmehr, dass geregelt werden soll, welche Formate im Internet als Rundfunk zu gelten haben und darum eine entsprechende Lizenz benötigen und welche nicht. Einige sehr populäre YouTuber waren zuletzt mit dieser Problematik konfrontiert worden, so auch „Bild.de“ (das wie WELT zur Axel Springer SE gehört), das eine Reihe von Videoformaten zeigt. Die nun gefundene Grenze für eine Lizenz soll bei 20.000 gleichzeitigen Nutzern im Netz liegen. Wer weniger Zuschauer hat, braucht keine Lizenz, muss sich aber trotzdem bei den Medienanstalten der Länder mit seinem Programm anmelden. Als problematisch könnte sich erweisen, dass Presseunternehmen wie etwa Zeitungsverlage dem Rundfunkrecht untergeordnet werden, obwohl für sie in erster Linie das Presserecht gilt.

Zweitens: Solche Inhalte, die einen besonderen „Beitrag zur Meinungs- und Angebotsvielfalt“ bieten, sollen von Nutzern beispielsweise in den Menüs von Smart-TVs und Kabelnetzanbietern, aber auch Fernsehplattformen wie etwa Zattoo leicht auffindbar sein, letztlich also bevorzugt werden gegenüber weniger gehaltvollen Sendungen. Welche Inhalte in diesem Sinne wichtig sind, soll alle drei Jahre überprüft werden. Klar, dass sich öffentlich-rechtliche Sender hier einen Vorteil versprechen. Einige Digitalverbände wie Bitkom und Eco sehen hier einen unzulässigen Eingriff in die Unabhängigkeit der Nutzer und damit eine „Bevormundung der Verbraucher“.

Drittens: Die Intermediäre sollen transparenter werden, was ihre Auswahl der Inhalte angeht, die sie Nutzern anzeigen. Sie dürfen demnach keine Diskriminierung zulassen, also bestimmte Inhalte unterdrücken. Sie werden damit auch auskunftspflichtig gegenüber Rechteinhabern, nach welchen Kriterien sie ihren Nutzern Inhalte zeigen. Was wiederum bei den Plattformen auf Widerspruch stößt, denn man kann oder will die Algorithmen, nach denen Inhalte an jeden einzelnen Nutzer ausgespielt werden, nicht offenlegen.

Spätestens im Herbst kommenden Jahres müssen die Bestimmungen gelten, so sieht es eine Richtlinie der Europäischen Union vor. Ob der Medienstaatsvertrag nun ein Durchbruch, gar ein großer Wurf ist, als den die federführende Staatskanzlei Rheinland-Pfalz ihn bereits jetzt sieht, wird sich vor allem in der praktischen Umsetzung, der Akzeptanz und dem Ziel, Medienvielfalt und -freiheit zu sichern, zeigen. Darum geht dieser Staatsvertrag tatsächlich jeden etwas an.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema