SPD-Fraktion fordert Kanzleramt Schröder und Müntefering unter Druck

Berlin (rpo). Die beiden SPD-Verhandlungsführer Bundeskanzler Gerhard Schröder und Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering werden von der eigenen Partei unter Druck gesetzt. Vier Fünftel der sozialdemokratischen Fraktion im Bundestag fordert unmissverständlich das Kanzleramt für Schröder.

Wer wird Kanzler?
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Vor den entscheidenden Spitzengesprächen am Wochenende über eine große Koalition erhöhen die Parteiflügel der SPD den Druck auf Bundeskanzler Gerhard Schröder und Parteichef Franz Müntefering.

Sowohl die Parlamentarische Linke als auch der Seeheimer Kreis der SPD-Rechten forderten Schröder und Müntefering auf, in den Verhandlungen "hart zu bleiben und kein Ergebnis zu akzeptieren ohne Gerhard Schröder als Bundeskanzler".

Dies sei keine "plumpe Parteitaktik", sondern der Tatsache geschuldet, dass in einer "schwierigen Umbruchsituation unseres Landes der Beste Kanzler bleiben muss".

Etwas moderater klang die Forderung in einer vom Seeheimer Kreis nachgeschobenen separaten Mitteilung. Zwar war auch dort davon die Rede, dass nur Schröder eine Fortsetzung der Reformen mit einer stabilen Regierung garantiere.

Zugleich weisen die Seeheimer aber darauf hin, dass es Kompromisse geben müsse, "bei Inhalten wie auch beim Personal". Um aber aus einer großen Koalition eine Koalition der Erneuerung und der sozialen Gerechtigkeit zu machen, sei ein starker Kanzler nötig. "Das ist in unseren Augen unangefochten Gerhard Schröder", betonten die Seeheimer.

Einer der drei Sprecher des Kreises, Johannes Kahrs, wies zugleich auf die Schlüsselrolle der SPD-Rechten hin. Ohne die Zustimmung des Kreises werde es keine große Koalition geben. "Wir sind das Schmiermittel der großen Koalition", sagte der SPD-Politiker.

Kahrs plädierte erneut für die "israelische Lösung" einer geteilten Kanzlerschaft, bei der zwei Jahre lang Schröder der Bundeskanzler bliebe, bevor ihm Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) für ebenfalls zwei Jahre folgen würde. "Dann habe ich auch kein Problem mit Merkel", sagte Kahrs. Er verwies zugleich darauf, dass Schröder vielen Seeheimern "das Mandat gerettet" habe.

Kahrs wandte sich zugleich gegen Tauschgeschäfte für den Verzicht der SPD auf die Kanzlerschaft. "Für den Judaslohn des Bundestagspräsidenten-Postens oder eines Ministeriums mehr werden wir nicht auf unseren Kanzler verzichten", sagte der SPD-Rechte.

Die "Leipziger Volkszeitung" hatte berichtet, dass die SPD für einen Verzicht auf die Ämter von Bundeskanzler und Bundestagspräsident ein "Erstzugriffsrecht" auf die Ministerien eingeräumt werden soll. Außerdem sei daran gedacht, dass die SPD ein Ministerium mehr als die Union erhalten soll. Laut Düsseldorfer "Handelsblatt" ist in der Union im Gespräch, dass die SPD in einer großen Koalition sieben und die Union nur fünf Ministerien erhalten könnte.

Unterdessen wächst einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge in der Union die Sorge, Schröder könnte doch als Vizekanzler und Außenminister in eine große Koalition eintreten. "Das ist ja ganz fürchterlich", habe ein führender Unions-Politiker über die Versuche in der SPD gesagt, Schröder zum Weitermachen zu bewegen.

Schröder könne sich aufgrund seiner großen internationalen Erfahrung im Duett mit einer Kanzlerin Merkel wirkungsvoll in Szene setzen. "Das wäre ein Alptraum", sagte ein wichtiger CSU-Mann der Zeitung. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen (CDU) wiegelte diesbezüglich aber ab. Sollte die SPD sich für einen Vize-Kanzler Schröder entscheiden, "dann respektieren wir die Personalhoheit des Partners".

(ap)
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