Massaker überlebt, jetzt zur „Therapie“ missbraucht Das Geschäft mit Delfinen
aus der Todes-Bucht

BILD am Sonntag

Morgen früh geht es wieder los. Dann wird Branko Weitzmann im tunesischen Friguia-Freizeitpark mit acht Teilnehmern eine neue „Delfin-Therapie" starten. Für den einwöchigen, knapp 1500 Euro teuren Kurs stehen Weitzmann fünf große Tümmler zur Verfügung. Unter der Aufsicht des Deutschen sollen die Tiere zusammen mit den Kurs-Teilnehmern täglich für jeweils 30 Minuten in einem Wasserbecken planschen – auch streicheln ist erlaubt. So könne unter anderem misshandelten Kindern geholfen werden, die düstere Vergangenheit aufzuarbeiten.

Das Massaker in der Todes-Bucht

Was seine auch aus Deutschland stammenden jungen Patienten nicht wissen: Auch die Tiere haben schreckliche Erfahrungen hinter sich. Denn sie stammen aus dem japanischen Taiji. Einer Bucht, die durch beispiellose Massaker an Delfinen zu trauriger Bekanntheit gelangte.

Die dort ansässigen Fischer machen jedes Jahr von September bis Ende Februar Jagd auf die Säugetiere. Dann werden große Gruppen mit Schnellbooten zur Küste getrieben. „Dort picken sich die Fischer zuerst die schönsten Exemplare heraus, fangen sie ein", sagt Jürgen Ortmüller (61).

Das miese Geschäft mit den Delfinen aus der Todesbucht von Taiji verspreche dubiosen Tierhändlern viel Geld. Der Geschäftsführer des deutschen Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) weiß: „Ein Delfin bringt beim Verkauf zwischen 19 000 und 200 000 US-Dollar."

Nachdem die zum Verkauf bestimmten Tiere abtransportiert sind, werden die übrig gebliebenen Delfine einfach mit Messern oder Lanzen abgeschlachtet. Das blutige Spektakel gelangte bereits 2009 zu trauriger Berühmtheit, als der Oscar-prämierte Dokumentarfilm „The Cove" das Massaker bekannt machte.

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Doch trotz internationaler Proteste wird die Treibjagd in Taiji unvermittelt fortgesetzt. Allein in der gerade abgelaufenen Jagdsaison töteten Fischer dort 751 Delfine, weitere 80 Tiere wurden gefangen. Für „Delfin-Therapeut" Branko Weitzmann kein Problem: „Ja, meine Delfine kommen aus Japan, aus Taiji. Doch die sind ja gerettet worden."

Auch ein Leben in Gefangenschaft sei, so Weitzmann, für die Tiere keineswegs problematisch. Er erklärt: „Delfine sind Säugetiere. Die sind von Natur aus faul. Die brauchen keinen Auslauf, wenn sie ihr Futter nicht selbst fangen müssen." Und seine „Delfin-Therapie" sei auch für die Tiere selbst ein Geschenk. Weitzmann sagt: „Während der Therapie-Stunden müssen sie nicht in einer Show arbeiten, sondern bewegen sich satt, frei und natürlich."

Können Delphine wirklich Kinder heilen

Der Meeresbiologe Doktor Karsten Brensing (47) hat eine Doktorarbeit über die Interaktion zwischen Menschen und Delfinen geschrieben.

Der Meeresbiologe und Buchautor Doktor Karsten Brensing (47): „Ich kann niemandem dazu raten, an einer Delfin-Therapie teilzunehmen. Eine tier-gestützte Therapie braucht, um wirksam zu sein, Monate, wenn nicht Jahre. Die direkte Interaktion in der Delfin-Therapie ist zudem mit erheblichen Risiken verbunden. Anders als die Arbeit mit einem Hund, der über Jahrtausende an Menschen gewöhnt wurde, ist ein Delfin ein kaum berechenbares Wildtier.“

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