Uploadfilter: Voss stellt Existenz von Youtube infrage

Gut zwei Wochen vor der endgültigen Abstimmung über Uploadfilter stehen sich Befürworter und Gegner weiter unversöhnlich gegenüber. Verhandlungsführer Voss hat offenbar kein Problem damit, wenn es Plattformen wie Youtube nicht mehr gäbe. Wissenschaftler sehen hingegen Gefahren durch die Reform.

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Axel Voss stellt die Existenz von Plattformen wie Youtube infrage.
Axel Voss stellt die Existenz von Plattformen wie Youtube infrage. (Bild: Andy Mabbett/CC-BY-SA 3.0)

In der Debatte über die EU-Urheberrechtsreform kämpfen Befürworter und Gegner von Leistungsschutzrecht und Uploadfilter weiter unverändert um ihre Positionen. Während der UN-Sonderbeauftragte für die Meinungsfreiheit, David A. Kaye, vor den Gefahren des Artikels 13 warnte, verteidigt der Verhandlungsführer des Europaparlaments, Axel Voss (CDU), unverdrossen seine Pläne. In einem Interview mit der Deutschen Welle brachte er sogar ein mögliches Verbot der Videoplattform Youtube ins Spiel. "Sie [Youtube] haben ein Geschäftsmodell auf dem Eigentum anderer Leute aufgebaut - auf urheberrechtlich geschützten Werken", sagte er dem Sender und fügte hinzu: "Wenn es die Absicht der Plattform ist, Leuten Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken zu geben, dann müssen wir darüber nachdenken, ob diese Art von Geschäft existieren sollte."

Voss räumte in dem Beitrag zudem ein, dass große Plattformen nicht darum herumkommen, das Hochladen nicht lizenzierter Werke mit Uploadfiltern zu verhindern. "Wir alle müssen rechtliche Verpflichtungen einhalten. Wenn man eine große Plattform wie Youtube nimmt, muss man dafür eine technische Lösung nutzen. Jeder hat diese Verpflichtungen." Bislang hat Voss in der Debatte immer darauf verwiesen, dass der Begriff Uploadfilter nicht in der Richtlinie enthalten sei und "keiner von uns Upload-Filter will".

Bundesregierung rechnet mit Uploadfiltern

Ebenso wie Voss geht auch die Bundesregierung davon aus, dass nach Durchsetzung der Reform der Einsatz von Uploadfiltern unvermeidlich ist. "Aus Sicht der Bundesregierung werden bei großen Datenmengen bereits aus Praktikabilitätsgründen wohl algorithmenbasierte Maßnahmen anzuwenden sein", teilte die Regierung in einer Antwort auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Konstantin Kuhle mit. Allerdings schließe das Justizministerium auch "manuelle Sichtungen" nicht aus, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Nach Ansicht von Medienrechtlern scheidet eine manuelle Sichtung der Inhalte hingegen wegen der Fülle des Materials aus. "Die manuelle Analyse, Lizenzierung und Freischaltung einzelner Nutzerinhalte ist zu personalintensiv und zu teuer und käme einher mit deutlichen zeitlichen Verzögerungen. Nutzergenerierte Plattformen sähen dann komplett anders aus als wie wir sie heute kennen", antwortete Stephan Dreyer vom Hans-Bredow-Institut (HBI) der Universität Hamburg in einer Umfrage des Science Media Center. Nach Ansicht von Professor Tobias Gostomzyk von der TU Dortmund lässt sich das bei Youtube hochgeladene Videomaterial "kaum händisch prüfen, was im Einzelfall überdies höchst zeitaufwendig sein kann".

Uploadfilter sind noch nicht KI

Einhellig verneinen die befragten Medienrechtler die Möglichkeit, dass die Uploadfilter bereits eine zulässige Nutzung wie bei Satire oder Parodie erkennen können. "Anders als die Wortmeldungen mancher Politiker oder Verwertungsgesellschaften vermuten lassen, ist an keiner Stelle dieses Prozesses 'künstliche Intelligenz' am Werk, die vielleicht sogar zulässige Parodien oder Zitate von unerlaubten Urheberrechtsverletzungen unterscheiden könnte", sagte Professor Florian Gallwitz von der TH Nürnberg und fügte hinzu: "Es handelt sich um einen schlichten Mustervergleich, der erstaunlich robust funktioniert, häufig sogar zu robust."

Die befragten Medienrechtler befürchten generell Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit durch Uploadfilter. Auf die Frage, ob das Gesetz eine Zensurinfrastruktur etablieren könnte, antwortete Professor Andreas Hotho von der Uni Würzburg, solche Vorwürfe seien "nicht völlig von der Hand zu weisen". Sollten Filter ohne unabhängige Kontrolle eingesetzt werden, "dann kann man nicht nur nach urheberrechtlich geschütztem Material suchen und dieses filtern, sondern auch nach jedem möglichen Beitrag, und so zensieren, da ja dann eine entsprechende Infrastruktur vorhanden wäre", sagte Hotho.

UN-Sonderbotschafter besorgt

Nach Ansicht des Stuttgarter Medienrechtlers Tobias Keber "ist das Zensurargument nicht gänzlich aus der Luft gegriffen". Technisch ließen sich Uploadfilter auch für die Selektion anderer Inhalte einsetzen, "etwa für mutmaßlich terroristische Inhalte im Internet und in diesem Zusammenhang werden sie aktuell auf EU-Ebene auch ebenso diskutiert".

Der UN-Sonderbotschafter Kaye befürchtet ebenfalls, dass Uploadfilter zu Einschränkungen bei der Meinungsfreiheit führen könnten. In seiner Stellungnahme vom 11. März 2019 forderte er die EU daher auf, ihre Urheberrechtsrichtlinie in Einklang mit internationalen Standards zur Meinungsfreiheit zu bringen. "Artikel 13 der vorgeschlagenen Richtlinie scheint Internetplattformen zur Überwachung und Einschränkung nutzergenerierter Inhalte schon zum Zeitpunkt des Hochladens zu drängen. Ein solch großer Druck für eine Vorfilterung ist eine weder notwendige noch angemessene Antwort auf Urheberrechtsverletzungen im Internet", schrieb Kaye.

Nach Ansicht des UN-Sonderbotschafters wären nur die wenigsten Plattformen von der unmittelbaren Haftung bei Urheberrechtsverletzungen ausgenommen und damit dem Druck ausgesetzt, teure Filtersysteme zu installieren. Selbst Voss hatte in einem Interview mit dem Handelsblatt eingeräumt: "Ich kann nicht dafür garantieren, dass die Maßnahmen, die Plattformen ergreifen um ihrer Haftung gerecht zu werden, hundertprozentig arbeiten und deshalb die Meinungsfreiheit auch mal eingegrenzt wird."

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Hut+Burger 12. Apr 2019

Zeige die Stelle im Gesetz, wo Meinungsfreiheit bedeutet, deine Meinung auf fremden...

gandhi187 20. Mär 2019

Schade, aber ich denke ähnlich. Die Politiker müssten definitiv weiter beschränkt werden...

Walter Plinge 19. Mär 2019

Wer redet denn hier von der GEMA. Die klagte erst 2010, weil sie bereits 2007 eine...

Schatzueh 18. Mär 2019

Man möchte gerne das Internet regulieren und kontrollieren. Mit Terror oder Urheberrecht...



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