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Flugverspätungen und Ausfälle Was der EU-Vorstoß für Passagiere bedeutet

Die EU hat einen Gesetzentwurf präsentiert, der präzisere Regeln für Entschädigungen bei Flugverspätungen aufstellt. Nicht alle Punkte bringen allerdings Vorteile für die Passagiere. Die wichtigsten Neuerungen finden Sie hier.
Landendes Flugzeug: Klare Regeln für Verspätungen und Ausfälle

Landendes Flugzeug: Klare Regeln für Verspätungen und Ausfälle

Foto: Julian Stratenschulte/ dpa

Brüssel - Fluggäste in Europa sollen künftig bei Verspätung oder Ausfall ihres Fluges mehr Ansprüche haben. Ihr Recht auf Information, Verpflegung und Entschädigung durch die Fluggesellschaft wird erweitert. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel präsentiert. Damit wird das seit 2004 geltende Recht ergänzt.

Was bedeutet das für die Passagiere? Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

  • Die EU-weiten Garantien sollen nicht mehr nur für Direktflüge, sondern auch für Anschlussflüge gelten. Wer mit mehr als fünf Stunden Verspätung am endgültigen Ziel ankommt, kann eine Entschädigung von bis zu 600 Euro erhalten.
  • Ein Kunde darf auch dann seinen Rückflug nutzen, wenn er den Hinflug verfallen ließ.
  • Fluggäste haben ein Anrecht darauf, den Grund für eine Verspätung zu erfahren, und zwar maximal 30 Minuten nach dem geplanten Abflug.
  • Bei Flügen von bis zu 1500 Kilometern besteht ein Anrecht auf Entschädigung ab fünf Stunden Verspätung, bis 3500 Kilometer ab neun Stunden, bei längeren Strecken bei mehr als zwölf Stunden. Diese Regelung ist schlechter für Passagiere und für die Fluglinien vorteilhafter als bisher - denn das Anrecht galt schon ab zwei (bis 1500 Kilometer), drei (bis 3500 Kilometer) beziehungsweise vier Stunden Verspätung(ab 3500 Kilometer). Die bisherige Spanne sei "meist zu kurz, um Ersatzteile oder eine Ersatzmaschine einzufliegen, besonders bei technischen Pannen an Flughäfen fern der Heimatbasis", rechtfertigte die EU-Kommission diesen Vorschlag.
  • Wenn "außergewöhnliche Umstände" wie Streiks oder Naturkatastrophen vorliegen, besteht weiter kein Anrecht auf Entschädigung. Erstmals wurde jedoch genauer festgelegt, was nicht in diese Kategorie fällt. Zum Beispiel, wenn bei Routinechecks technische Probleme entdeckt werden oder keine Besatzung einsatzbereit ist.
  • Bereits ab zwei Stunden Verspätung muss die Fluggesellschaft den Kunden betreuen, sprich, ihm Getränke und Snacks anbieten. Bislang galt das erst ab vier Stunden. Falls nötig, muss die Airline auch eine Hotelübernachtung zahlen.
  • Wer mehr als eine Stunde im Flugzeug am Boden warten muss, hat künftig Anspruch darauf, dass die Toiletten zugänglich sind und die Heizung funktioniert.
  • Passagiere haben ein Recht darauf, direkt am Flughafen ein Beschwerdeformular zu erhalten. Das muss die Airline vor Ort als rechtsgültige Beschwerde entgegennehmen.
  • Bei außergewöhnlichen Ereignissen wie der Aschewolke eines Vulkans müssen Fluggesellschaften die Gäste nicht mehr unbegrenzt, sondern nur für maximal drei Nächte auf ihre Kosten unterbringen - sonst könnte das den Ruin der Fluggesellschaft bedeuten, hieß es in der Begründung.

Das Europaparlament und die Mitgliedsstaaten müssen den Vorschlägen noch zustimmen. Die Regeln könnten somit frühestens im nächsten Jahr in Kraft treten.

Nach Ansicht der EU-Kommission nutzen die Airlines bislang Schlupflöcher und rechtliche Unklarheiten der geltenden EU-Verordnung. Immer wieder mussten Verbraucher in Prozessen deshalb ihr Recht einklagen. Zuletzt hatte der Europäische Gerichtshof mehrfach zugunsten von Passagieren entschieden.

EU-Verkehrskommissar Siim Kallas sagte: "Es ist sehr wichtig, dass die Fluggastrechte nicht nur auf dem Papier bestehen. Wir alle müssen uns darauf berufen können, wenn es am Flughafen schief läuft."

Nach Ansicht der Europäischen Verbraucherschutzorganisation Beuc gehen die Pläne nicht weit genug. "Die EU-Kommission hat eine Gelegenheit verpasst, um den vielen bestehenden unfairen Vertragsklauseln ein Ende zu setzen", kritisierte der Verband.

Der Weltluftfahrtverband Iata kritisiert dagegen, dass die Pläne den Airlines zusätzliche Kosten und Vorschriften auferlegen, "die letztlich den Interessen der Passagiere schaden." Verbraucher müssten mit höheren Ticketpreise rechnen. Die EU-Kommission erwartet dagegen nicht, dass die Preise steigen. Brüssel verweist darauf, dass schon jetzt von jedem Ticket ein Euro in die Entschädigungskasse der Airlines geht - und oft nur ein Teil davon wirklich gebraucht wird.

sto/dpa/AFP