Billiger Strom Lass Dich nicht von unwirtschaftlichen Tarifen locken

Benjamin_Weigl
Benjamin Weigl
Finanztip-Experte für Energie

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Stromtarife in Deutschland gehen deutlich auseinander: Um 30 bis 35 Prozent können Tarife an einem Ort voneinander abweichen.
  • Manche der billigsten Stromtarife können aber nicht die Kosten der Versorger decken. Das belegt eine Untersuchung von Finanztip in neun deutschen Städten und einer Landgemeinde.
  • Besonders günstig sind viele Tarife durch Bonuszahlungen. In Regionen mit hohen Netzentgelten gibt es mehr solcher Tarife, mit denen Anbieter unserer Einschätzung nach Verlust machen.
  • Fallen die Bonuszahlungen weg, rechnen sich die Tarife für die Anbieter auf jeden Fall. Die Kunden zahlen nach unserer Untersuchung dann im zweiten Vertragsjahr bis zu 45 Prozent mehr als im ersten Vertragsjahr.
  • In manchen Bonustarifen zahlen Verbraucher im zweiten Vertragsjahr sogar mehr als in der ohnehin schon teuren Grundversorgung. Das hat Finanztip anhand einer zweiten Untersuchung für zwölf deutsche Städte herausgefunden.

So gehst Du vor

  • Vergleiche Tarife am besten mit unserem Stromrechner, der die Angebote von Verivox und Check24 gleichzeitig abfragt und die Ergebnisse nach unseren strengen Finanztip-Kriterien filtert.
  • Die Ergebnisliste enthält Werbelinks, über die Du Deinen Tarif direkt abschließen kannst. Alle Emp­feh­lungen erfolgen rein redaktionell und 100% unabhängig.

 Zum Stromrechner

  • Willst Du von Boni profitieren, kannst Du eine Einstellung an unserem Rechner ändern. Bedenke dann aber auch, wie teuer der Tarif im zweiten Vertragsjahr ist.
  • Kündige einen Tarif mit Bonus rechtzeitig gemäß der Vertragsbedingungen. Der Versorger muss Dich nicht auf den Wegfall der Boni im zweiten Jahr hinweisen, sondern Du würdest automatisch mehr zahlen.
  • Erhöht der Versorger dagegen seine Preise, muss er Dir das mitteilen. Dann steht Dir ein Son­der­kün­di­gungs­recht zu.

Günstig Strom zu beziehen, liegt im Interesse jeden Verbrauchers. Wer zu niedrigen Preisen einkauft, muss dabei nicht mit qualitativen Einbußen rechnen: Die Qualität von Strom, der über das öffentliche Stromnetz fließt, ist überall in Deutschland gleich hoch.

Vergleiche Stromtarife mit dem Finanztip-Stromrechner

Die Ergebnisliste des Finanztip-Stromrechners enthält Werbelinks zu Stromtarifen, die uns täglich aktuell von Check24 und Verivox übermittelt werden. Hauptparameter für die Sortierung der Angebote ist der jährliche Gesamtpreis. Mit der Auswahl der Filterkriterien verändern sich die Tarife, die erscheinen. Angebote, die unsere Finanztip-Kriterien nicht erfüllen, werden ans Ende der Liste sortiert. Alle Emp­feh­lungen erfolgen redaktionell unabhängig.

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Hinweise zu den Daten im Finanztip-Stromrechner

Willst Du einen abgeschlossenen Vertrag wieder kündigen, klicke für Check24-Verträge hier und für Verivox-Verträge hier, um Deine Kündigung durchzuführen.

Warum Strompreise unterschiedlich sind

Dass Stromtarife in einer Stadt unterschiedlich hoch sind, hängt einmal von der Art des Liefervertrags ab. Kunden in der Grundversorgung zahlen bundesweit im Schnitt die höchsten Tarife. In der Grundversorgung ist, wer noch nie den Stromtarif oder -anbieter gewechselt hat. In anderen Verträgen beim Grundversorger und bei anderen Anbietern zahlen Kunden durchschnittlich weniger. Selbst innerhalb eines Ortes können die Preise solcher Sondertarife stark voneinander abweichen – um 30 bis 35 Prozent, hat Finanztip ermittelt.

Da es physikalisch keinen Unterschied gibt, wer den Strom liefert, kommt dem Preis die entscheidende Bedeutung im Wettbewerb zu: Über günstige Angebote versuchen viele Unternehmen, Kunden zu gewinnen. Sie locken zum Beispiel mit Bonuszahlungen.

Wenn Du Dich für ein sehr günstiges Angebot interessierst, solltest Du auch die Kosten im zweiten Versorgungsjahr prüfen, ehe Du den Vertrag schließt. Denn wir haben festgestellt, dass die günstigsten Angebote am Markt eine Schattenseite haben.

Zwei Untersuchungen zeigen Schattenseite von Billigtarifen

Finanztip hat die günstigsten Stromtarife in zwei Untersuchungen in den Jahren 2017 und 2018 analysiert.

Das Ergebnis der Untersuchung von Juli 2018 lautet: Nach dem ersten Vertragsjahr kann ein Tarif, der zuvor zu den günstigsten an einem Wohnort zählte, teurer sein als der Grundversorgungstarif an diesem Ort. Dies betrifft ausschließlich Bonustarife. Grund- und Arbeitspreis sind in diesen sehr hoch.

Durch ebenfalls hohe Bonuszahlungen und Rabatte – von 200 Euro bis mehr als 400 Euro pro Vertrag – erscheinen diese Tarife aber im ersten Vertragsjahr sehr günstig. Fallen die Zusatzleistungen im zweiten Vertragsjahr weg, spürst Du als Kunde die hohen Preise unmittelbar.

Warum die günstigsten Tarife im zweiten Jahr deutlich teurer sind, erklärt das Ergebnis der Untersuchung von Juli 2017. Wir haben in zehn Orten geprüft, ob die günstigsten Stromtarife für den Anbieter kostendeckend sind. Ergebnis: In all diesen Orten gibt es Tarife, die unserer Einschätzung nach nicht die Kosten des Anbieters decken können. Die Zahl der vermutlich unwirtschaftlichen Tarife schwankt dabei je nach Ort zwischen 4 und 53 Angeboten.

Ist ein Tarif im ersten Jahr nicht kostendeckend, muss der Versorger Verluste ausgleichen, die ihm entstanden sind. So nimmt er von Bestandskunden höhere Preise, als er von Neukunden verlangt. Dazu kann er die Preise nach dem ersten Vertragsjahr erhöhen. Dies passiert vor allem bei Billigstrom-Angeboten ohne Bonuszahlungen. Im Falle einer Preiserhöhung kannst Du dann Dein Son­der­kün­di­gungs­recht nutzen.

Achtung: Dieses Recht steht Dir nicht zu, wenn in einem Bonustarif die Preise von Anfang an hoch sind und im zweiten Jahr lediglich die Zusatzzahlungen wegfallen. Kündigst Du den Vertrag nicht fristgerecht, kann es sein, dass Du dann im zweiten Jahr mehr zahlst als in der Grundversorgung.

Stromtarif im zweiten Jahr teurer als Grundversorgung

Der Einfluss des Versorgers auf den Strompreis, den er Dir berechnet, ist verhältnismäßig gering. Er beschafft Strom, liefert ihn und kalkuliert eine Gewinnspanne ein. Diese Posten belaufen sich nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft im Schnitt auf 6,2 Cent pro Kilowattstunde (bei 3.500 Kilowattstunden Verbrauch, das entspricht dem Jahresverbrauch eines bundesdeutschen Durchschnittshaushalts). Das macht gerade einmal einen Anteil von 21 Prozent am Strompreis. Der Rest geht an den Fiskus und die Netzbetreiber.

Der Spielraum der Versorger ist damit bei der Preisgestaltung klein. Trotzdem unterscheiden sich die Kosten von Stromverträgen deutlich voneinander. Dank Vergleichsrechnern lassen sich teure Tarife sofort erkennen. Ob ein günstiger Tarif im zweiten Jahr zu den teuren gehört, kannst Du auf den zweiten Blick in Vergleichsrechnern sehen.

Lass Dir dazu die Details anzeigen und addier die Bonuszahlungen im ersten Jahr zu Deinen Kosten. Die Vergleichsportale Verivox und Check24 zeigen die Kosten ohne Boni und Rabatte direkt an, wenn Du die Tarifdetails anklickst. Der Finanztip-Stromrechner, der auf Daten dieser beiden Portale beruht, zeigt von vornherein nur Tarife ohne Bonus an, wenn Du angibst, dass Du den Tarif nicht jedes Jahr wechseln willst.

Du kannst auch einfach prüfen, ob ein Tarif im zweiten Jahr teurer ist als die Grundversorgung – vorausgesetzt, dass die Preise in beiden Tarifen stabil bleiben: Rechne die Boni und Rabatte im ersten Jahr zusammen und vergleiche die Summe mit der angezeigten Ersparnis im ersten Jahr: Liegt die Summe über der Ersparnis, kannst Du davon ausgehen, dass der Tarif im zweiten Jahr teurer ist als der Tarif in der Grundversorgung. Denn Verivox und Check24 vergleichen die Kosten von einzelnen Angeboten standardmäßig mit den Kosten der Grundversorgung an einem Ort.

Was solltest Du bei sehr billigen Stromtarifen beachten?

Wenn Du einen sehr günstigen Stromtarif wählst, der Bonuszahlungen von mehreren Hundert Euro beinhaltet, kannst Du Deine Strom­kos­ten natürlich senken. Aber vermutlich nur im ersten Vertragsjahr – denn fallen die Boni ab dem zweiten Vertragsjahr weg, zahlst Du automatisch mehr.

Wenn Du dem entgehen willst, solltest Du zum einen darauf achten, dass die Vertragslaufzeit bei höchstens einem Jahr liegt. Zum anderen musst Du den Liefervertrag vor Ablauf dieses Jahres kündigen. Es gilt dabei die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist. Sie darf höchstens drei Monate betragen. Verpasst Du die Frist, verlängert sich der Vertrag. Ein Son­der­kün­di­gungs­recht steht Dir beim Wegfall von Boni nicht zu – der Versorger ändert schließlich nichts an den Lieferbedingungen.

Nur wenn er seine Preise erhöht, steht Dir das Son­der­kün­di­gungs­recht offen. Über Preissteigerungen muss Dich der Versorger rechtzeitig informieren. Bis zum Tag, bevor neue Preise gelten, kannst Du Deinen Vertrag schriftlich kündigen. Auf den letzten Drücker solltest Du jedoch nicht handeln. Sonst bleibt Dir nur wenig Zeit, einen neuen Liefervertrag zu schließen. Und der neue Versorger hat nicht genug Zeit, die Belieferung rechtzeitig zu starten. Der Grundversorger springt in einem solchen Fall ein, um Deine Stromversorgung zu sichern – zu eher teuren Preisen.

Wie findest Du einen dauerhaft günstigen Tarif?

Unser Rat daher: Willst Du nicht das Risiko eingehen, im zweiten Vertragsjahr deutlich mehr zu zahlen, verzichte auf Tarife mit Bonuszahlung. Such Dir einen Tarif, der eher dauerhaft günstig ist. Das gelingt über den Finanztip-Stromrechner.

Unsere Untersuchung von Juli 2017 hat unter anderem gezeigt, dass die Vergleichsrechner unwirtschaftliche Tarife aussortieren, wenn unsere ver­brau­cher­freund­lichen Einstellungen wirken. Lediglich in einem der zehn Orte erschienen zwei Tarife, die für den Anbieter eher nicht kostendeckend sein können. Ein Abschluss dieser Tarife war nur auf der Seite des Anbieters möglich. Dort lagen die Preise dann aber ein wenig höher und waren damit vermutlich rentabel.

Darüber hinaus hat unsere Untersuchung gezeigt, dass die nach Finanztip-Kriterien angezeigten Angebote länger günstig sind. Angenommen, alle Versorger ändern im zweiten Vertragsjahr nichts an den Preisen, dann sind Tarife mit Finanztip-Kriterien im zweiten Jahr 10 bis 23 Prozent billiger als die Tarife, die aufgrund von Bonuszahlungen im ersten Vertragsjahr die günstigsten waren.

Bonustarife im zweiten Jahr teurer als Grundversorgung

In einer Untersuchung im Juli 2018 hat Finanztip geprüft, wie häufig Bonustarife im zweiten Vertragsjahr mehr kosten, als Kunden in der Grundversorgung zahlen. Voraussetzung dabei: dass die Preise sowohl im Bonustarif als auch in der Grundversorgung im zweiten Jahr stabil bleiben. Oder aber dass sich verändernde Umlagen, Entgelte oder Steuern gleichermaßen eingepreist werden.

Wir haben zwölf Städte näher angeschaut – unterschiedlicher Größe, in unterschiedlichen Teilen von Deutschland und an unterschiedlichen Verteilnetzen gelegen. Für Musterhaushalte mit einem bundesdurchschnittlichen Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunden im Jahr haben wir an diesen Orten die günstigsten 20 Stromangebote auf den Portalen Verivox und Check24 abgerufen.

Aus diesen Angeboten haben wir die Kosten ohne Bonuszahlungen im ersten Jahr aus den Angaben von Verivox und Check24 übernommen und dann mit den Kosten in der Grundversorgung am jeweiligen Ort verglichen. Wie teuer die Grundversorgung ist, haben wir über die öffentlich gestellten Daten der Grundversorger ermittelt.

In den gewählten Orten waren unter den 20 günstigsten Angeboten im Schnitt zwölf, bei denen Kunden im zweiten Jahr, also wenn der Bonus weggefallen ist, mehr zahlen als in der Grundversorgung. In Dresden trifft dies sogar auf jedes einzelne der 20 Angebote zu. Die Mehrkosten gegenüber der Grundversorgung liegen zwischen wenigen Cent bis hin zu 220 Euro.

Zahl der auffälligen Angebote je Musterort

Ort mit

Postleitzahl

Zahl der Angebote

im 2. Jahr über

Grundversorgung

max. Mehrkosten

im 2. Jahr

23843

Bad Oldesloe

14 bei Check24205,28 Euro
 15 bei Verivox154,05 Euro

23795

Bad Segeberg

15 bei Check24220,32 Euro
 13 bei Verivox220,79 Euro

10245

Berlin

6 bei Check2427,95 Euro
 3 bei Verivox27,95 Euro

28359

Bremen

16 bei Check24120,43 Euro
 18 bei Verivox155,37 Euro

01067

Dresden

20 bei Check24190,21 Euro
 20 bei Verivox189,40 Euro

40210

Düsseldorf

16 bei Check24121,05 Euro
 18 bei Verivox150,88 Euro

88436

Eberhardzell

2 bei Check2462,87 Euro
 2 bei Verivox79,32 Euro

15517

Fürstenwalde

4 bei Check24111,34 Euro
 4 bei Verivox77,12 Euro

20095

Hamburg

5 bei Check2489,33 Euro
 6 bei Verivox78,26 Euro

85276

Pfaffenhofen

7 bei Check24140,40 Euro
 12 bei Verivox77,98 Euro

34613

Schwalmstadt

6 bei Check24101,97 Euro
 7 bei Verivox66,47 Euro

46485

Wesel

5 bei Check24107,63 Euro
 6 bei Verivox63,26 Euro

Die Orte sind alphabetisch geordnet. Es handelt sich bei der Zahl der Angebote mit Preisen über der Grundversorgung jeweils um solche, die unter den ersten 20 auf dem jeweiligen Portal angezeigt werden.
Quelle: Finanztip-Erhebung (Stand: 23. Juli 2018)

Um mindestens 50 Euro teurer im zweiten Jahr gegenüber der Grundversorgung waren 112 Angebote an den zwölf Orten. Diese Angebote lassen sich 34 Tarifen zuordnen, hinter denen 18 Versorger stehen. Darunter finden sich die Marktführer Eon und Vattenfall ebenso wie kleinere Stadtwerke oder Strom-Discounter. Die Angebote tauchen teilweise auf beiden Vergleichsportalen in gleicher oder ähnlicher Höhe auf. Sie können sich aber auch auf Verivox und Check24 in ihrer Höhe deutlich unterscheiden. Und es gibt Tarife, die nur auf einem von beiden Portalen zu finden sind.

Auf welchem Platz sich auffällige Tarife befinden, ist völlig beliebig: Es kann sein, dass ein Tarif, den Du auf Platz 1, 2 oder 3 in einem Vergleichsportal findest, im zweiten Jahr teurer ist als die Grundversorgung. Es muss aber nicht so sein. Und es finden sich an einigen Orten auch auf Platz 18, 19 oder 20 noch auffällige Tarife.

Wann rechnen sich Tarife für Billigstromanbieter?

Wie unsere Untersuchung 2018 zeigt, lässt sich erkennen, ob ein Tarif im zweiten Jahr eher teuer ist. Ob er dagegen unwirtschaftlich ist, lässt sich an seiner Höhe nicht pauschal ablesen.

Finanztip hat bereits im Juli 2017 sehr günstige Stromtarife in neun Städten und einer Landgemeinde auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft. Dazu haben wir plausible Minimum-Kosten für jede Stadt errechnet und mit den Strom­kos­ten aus Vergleichsrechner-Angeboten verglichen.

Günstig sind viele Tarife vor allem aufgrund von Boni, die der Versorger dem Kunden nach Abschluss des Liefervertrags gewährt. Ohne diese Bonuszahlungen wären die Tarife rund 25 bis 45 Prozent teurer. Denn die Grund- und Arbeitspreise sind vergleichsweise hoch. Fallen dann die Boni im zweiten Vertragsjahr weg, gehören diese Tarife nicht mehr zu den günstigen.

Im Gegenteil: Sie sind dann gegenüber niedrigen Tarifen ohne einen Bonus deutlich teurer. Wir gehen davon aus, dass sich diese Tarife für den Versorger rechnen, wenn ein Kunde mindestens zwei Jahre treu bleibt.

Darüber hinaus gibt es einige wenige Tarife, die auch ohne Bonuszahlungen so niedrig sind, dass der Versorger unserer Ansicht nach mit ihnen ein Minus machen muss. Diese Tarife haben wir in zwei Städten gefunden, Fürstenwalde (Brandenburg) und Baienfurt (Baden-Württemberg). Dabei handelt es sich um Städte, in denen hohe Netzentgelte anfallen. In diesen Fällen erwarten wir, dass der Versorger die Tarife nach Ablauf einer Preisgarantie stark erhöht.

Im Strommarkt immer wieder zu beobachten ist beispielsweise, dass Versorger ihren Grundpreis verdoppeln oder verdreifachen oder den Arbeitspreis um 20 bis 30 Prozent anheben, ohne dass dies allein mit steigenden Umlagen oder Netzentgelten zu rechtfertigen wäre.

So haben wir die minimalen Strompreise berechnet

Für unsere Untersuchung im Juli 2017 haben wir für zehn Orte in Deutschland einen minimalen Strompreis ausgerechnet. Minimal bedeutet dabei, dass der Versorger die Kosten zur Strombeschaffung decken kann, nicht aber seine laufenden Betriebskosten etwa für Personal, Büro oder ausgelagerte Dienstleistungen. Er arbeitete damit nicht nur kostenlos für den Kunden, sondern machte sogar Verlust.

Für den Minimum-Preis rechnen wir alle staatlichen Umlagen, Abgaben und Steuern, den Strompreis an der Strombörse sowie die vom Netzbetreiber erhobenen Entgelte für den Transport und das Messen des bezogenen Stroms zusammen. Bei der Konzessionsabgabe sind wir vom gesetzlich festgelegten Höchstsatz von 0,11 Cent pro Kilowattstunde (kWh) für Sonderverträge ausgegangen.

So setzt sich der Strompreis zusammen

Bestandteile Strompreisin Cent/kWh
Stromsteuer2,05
Konzessionsabgabe0,11
EEG-Umlage6,88
§19-StromNEV-Umlage0,388
KWK-Aufschlag0,438
Umlage für abschaltbare Lasten0,006
Offshore-Haftungsumlage-0,028
Strom-Beschaffung2,9
Mehrwertsteuer2,421
Summe15,165
+ Netzentgelt bruttoje nach Netzbetreiber

+ Messentgelt inkl. Abrechnung

brutto

je nach Netzbetreiber

= Minimum-Preis je nach

Verteilnetzgebiet

 

Die Höhe der staatlich festgelegten Umlagen, Abgaben und Steuern gilt für 2017. Die Höhe der durchschnittlichen Beschaffungskosten für Strom ist für 2017 mit 2,9 Cent pro Kilowattstunde aufgrund der Preise an den Strombörsen angenommen. Beim Messstellenentgelt wird angenommen, dass der Netzbetreiber auch der Mess­stel­len­be­trei­ber ist.
Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: 25. Juli 2017)

Beschaffungskosten für Strom an den Börsen 

Für den Stromeinkauf haben wir – wie in der Tabelle oben zu sehen – 2,9 Cent pro Kilowattstunde zugrunde gelegt. Dies entspricht dem durchschnittlichen Preis für kurzfristige Geschäfte an der Strombörse Epex Spot im Jahr 2016. Dieser Preis erscheint auch für 2017 angemessen.

Beständig zu niedrigeren Preisen Strom an der Börse zu beschaffen, dürfte in den ersten sieben Monaten des Jahres 2017 schwer gewesen sein. Zwischen März und Juli lag der Preis am Spotmarkt im Monatsmittel bei mindestens 3 Cent pro Kilowattstunde; im Januar und Februar war er deutlich höher.

Versorger kaufen natürlich nicht nur von einem Tag zum nächsten oder noch am Tag der Lieferung Strom ein, sondern sie sichern sich auch langfristig Liefermengen zu festen Preisen. Bei diesen Termingeschäften an der Strombörse EEX lagen die Preise für Kontrakte, die sich Händler 2016 für 2017 sichern konnten, im Schnitt bei rund 2,7 Cent pro Kilowattstunde.

Die Preise der Terminlieferungen für 2018 sind höher: Eine Kilowattstunde kostete seit Januar 2017 mindestens 2,8 Cent an der EEX. Da Versorger häufig eine Preisgarantie von sechs oder auch zwölf Monaten geben, spielen diese Preise für neu geschlossene Lieferverträge bereits eine Rolle.

Netzentgelte an zehn unterschiedlichen Orten

Wir haben neun Städte und eine Gemeinde gewählt, in denen ein jeweils anderer Netzbetreiber tätig ist. Ein anderer Netzbetreiber bedeutet, dass die Minimum-Preise für jeden Ort unterschiedlich hoch sind – abhängig vom jeweils gültigen Netzentgelt. Die Preise für das Netzentgelt und das Messstellenentgelt (also die Kosten für den Betrieb eines Stromzählers) haben wir den Preisblättern des jeweiligen Netzbetreibers entnommen.

Netzentgelte in den untersuchten Orten

OrtNetzbetreiber

Grundpreis

in Euro/Jahr

(netto)

Arbeitspreis

in Cent/kWh

(netto)

BaienfurtNetze BW-7,49
BerlinStromnetz Berlin33,365,35
BremenWesernetz Bremen583,59
EssenWestnetz51,15
FürstenwaldeEdis Netz58,49,88
HamburgStromnetz Hamburg365,73
MünchenSWM Infrastruktur42,185,92
OldenburgEWE Netz706,36
PenzbergBayernwerk Netz606,22
WeidenStromnetz Weiden i.d.OPf.423,99

Quelle: Finanztip-Recherche in Preisblättern der genannten Netzbetreiber (Stand: 8. Juli 2017)

Wie zu erkennen ist, variiert die Höhe der Netzentgelte deutlich. In dichter besiedelten Regionen sind sie zumeist niedriger als in Verteilnetzgebieten mit eher wenigen Bewohnern. Je größer ein Verteilnetz ist und je mehr ländliche Gebiete es abdeckt, desto höher fällt häufig das Entgelt für die Kunden aus, die dort in größeren Städten leben.

Geht ein Teil eines Stromnetzes an einen neuen Betreiber über, der es aus einem größeren Verbund herauslöst, können die Entgelte für eine einzelne Stadt sinken. Dies ist zum Beispiel in Weiden passiert. Seit Jahresbeginn betreibt die Stadt das Stromnetz über ein eigenes Unternehmen selbst. Die Netzentgelte sind für die Einwohner stark gefallen – bis 2016 zahlten sie die Entgelte, die der vorhergehende Netzbetreiber Bayernwerk berechnet hat.

Beim Messstellenentgelt haben wir vorausgesetzt, dass der Netzbetreiber zugleich der Mess­stel­len­be­trei­ber ist. Der Mess­stel­len­be­trei­ber ist dasjenige Unternehmen, das für den Einbau und den Betrieb der Stromzähler zuständig ist. Außerdem gehen wir davon aus, dass es sich bei den entsprechenden Zählern nicht um moderne Messeinrichtungen handelt, sondern um herkömmliche Geräte für Haushalte.

Es ergeben sich für die zehn Orte folgende plausible Minimum-Preise:

Von Finanztip errechnete Minimum-Preise

OrtCent/kWh

Preis bei 3.500 kWh

Jahresverbrauch

in Euro

Baienfurt25,36887,6
Berlin22,95803,25
Bremen21,81763,35
Essen23,25813,75
Fürstenwalde29,31025,5
Hamburg22,37782,95
München24840
Oldenburg24,41854,35
Penzberg24,93872,55
Weiden21,66758,1

Quelle: Finanztip-Berechnung (Stand: 8. Juli 2017)

So haben wir die Preise auf Vergleichsportalen abgefragt

Für unsere Untersuchungen haben wir Preise auf den Vergleichsportalen Verivox und Check24 abgefragt. Diese wählten wir in beiden Fällen, weil es sich um die größten Portale für Stromtarife handelt. Unseren eigenen Stromrechner haben wir bewusst nicht genutzt, weil wir über diesen die Tarife bestimmter Unternehmen nicht anzeigen.

Untersuchung von Juli 2018 zur Tarifhöhe im zweiten Jahr

Jeweils eine Abfrage für zwölf Orte führten wir auf Check24 und Verivox aus. Die Abfrage auf Check24 erfolgte am 2. Juli, die Abfrage auf Verivox am 4. Juli 2018. Als Stromverbrauch wählten wir 3.500 Kilowattstunden im Jahr, da dies etwa der durchschnittliche Verbrauch von Haushalten in Deutschland ist. Bei jeder Abfrage ließen wir uns die Preisdetails jedes Angebots anzeigen.

Die Einstellungen in beiden Vergleichsportalen waren einheitlich:

  • Boni: alle anzeigen
  • Laufzeit: höchstens zwölf Monate
  • Kündigungsfrist: höchstens drei Monate
  • Vertragsverlängerung: höchstens zwölf Monate
  • Preisgarantie: mindestens zwölf Monate
  • direkte Wechselmöglichkeit: nein
  • alle Tarife pro Anbieter

Die Fristen für Laufzeit, Kündigung, Vertragsverlängerung und Preisgarantie entsprechen den Voreinstellungen bei Verivox und Check24. Diese haben wir für unsere Untersuchung übernommen – schließlich handelt es sich um die Standardeinstellung bei Tarifabfragen. Um die günstigsten Tarife im Markt sehen zu können, die sich in den Datenbanken der Portale befinden, wählten wir die Anzeige von allen Boni sowie allen Tarifen je Anbieter und schalteten die Option der direkten Wechselmöglichkeit aus, um alle verfügbaren Bonustarife mit den zuvor genannten Kriterien angezeigt zu bekommen. In den Fällen, in denen die beiden Portale keine direkte Wechselmöglichkeit anbieten, ist übrigens davon auszugehen, dass sie keine Provisionen von den Anbietern erhalten.

Untersuchung von Juli 2017 zu kostendeckenden Tarifen

Für die Musterhaushalte in den zehn gewählten Orten haben wir auf den Vergleichsportalen Verivox und Check24 jeweils drei Tarifvergleiche vorgenommen. Bei jedem Vergleich galten andere Einstellungen des Vergleichsrechners. Wir wollten sehen, ob sich dann die Höhe der günstigsten Tarife verändert. Die Abfragen erfolgten zwischen dem 12. und 25. Juli 2017. Wir haben alle Angebote für einen Verbrauch von 3.500 Kilowattstunden anzeigen lassen. Das entspricht dem Jahresverbrauch eines bundesdeutschen Durchschnittshaushalts.

Bei allen drei Abfragen waren folgende Punkte einheitlich: Pakettarife und Tarife mit Vorkasse und Kaution schlossen wir aus. Wir legten fest, dass alle Tarife erscheinen, auch unabhängig davon, ob es sich um Ökostrom oder konventionellen Strom handelt.

1. Stromvergleich ohne Preisgarantie

Die erste Abfrage war die offenste. Neben den bereits erwähnten Einstellungen gab es keine weitere Einschränkung. Die maximal möglichen Laufzeiten und Kündigungsfristen entsprechen damit den gesetzlich festgelegten.

Konkret sahen die Einstellungen so aus:

  • Boni: alle anzeigen
  • Laufzeit: maximal 24 Monate
  • Kündigungsfrist: maximal 3 Monate oder egal
  • Vertragsverlängerung: maximal 12 Monate
  • Preisgarantie: egal

2. Stromvergleich mit Preisgarantie 

Bei der zweiten Abfrage änderten wir lediglich eine Einstellung: Wir legten fest, dass die Preisbestandteile, die der Versorger selbst bestimmt, mindestens zwölf Monate stabil bleiben:

  • Boni: alle anzeigen
  • Laufzeit: maximal 24 Monate
  • Kündigungsfrist: maximal 3 Monate
  • Vertragsverlängerung: maximal 12 Monate
  • Preisgarantie: mindestens Preisfixierung über 12 Monate

3. Stromvergleich mit Finanztip-Kriterien

Für die dritte Abfrage galten unsere ver­brau­cher­freund­lichen Finanztip-Kriterien: 

  • Boni: nicht anzeigen
  • Laufzeit: maximal 12 Monate
  • Kündigungsfrist: maximal 6 Wochen
  • Vertragsverlängerung: maximal 1 Monat
  • Preisgarantie: mindestens Preisfixierung über 12 Monate

Unsere Erkenntnisse aus den zwei Untersuchungen

Auch wenn es sich um zwei Untersuchungen handelt, passen die Erkenntnisse aus beiden wie Puzzlestücke zusammen: Wenn Tarife im ersten Jahr nicht kostendeckend sind, muss der Versorger seine Unkosten wieder hereinholen. Das gelingt beispielsweise, indem Kunden ab dem zweiten Vertragsjahr deutlich mehr für ihre Versorgung zahlen. So kommt es, dass dann die Kosten im zweiten Jahr höher liegen können als in der Grundversorgung.

Ersparnis durch Boni verbraucht sich ab dem zweiten Jahr

In allen zwölf Orten unserer Untersuchung von 2018 fanden wir Bonustarife, die im zweiten Jahr teurer sind als in der Grundversorgung. Wenn Du einen solchen Tarif abschließt, kannst Du mehr als 400 Euro vom Versorger geschenkt bekommen. Dieser Vorteil relativiert sich in den Folgejahren und kann sich ins Gegenteil verkehren.

Liegen die Preise im zweiten Vertragsjahr bereits über der Grundversorgung, kann sich der Bonustarif trotzdem noch lohnen, wenn Du beide Vertragsjahre betrachtest. Je länger Du aber in dem Tarif bleibst, desto stärker schmilzt die Ersparnis durch die Bonuszahlungen im ersten Jahr weg. In sieben der zwölf untersuchten Orte zahlst Du in bestimmten Tarifen nach zwei bis vier Jahren insgesamt mehr, als Dich die Grundversorgung in diesen vier Jahren gekostet hätte – immer unter der Voraussetzung, dass sich die Preise in beiden Tarifen nicht ändern oder aber in gleicher Weise. In Dresden und Bad Segeberg tritt dies bei der Hälfte der günstigsten Angebote aus unserer Abfrage nach spätestens vier Jahren ein.

In allen Orten liegen Billiganbieter unter Minimum-Preis

In der Untersuchung von 2017 zu kostendeckenden Tarifen stellten wir fest, dass es in allen gewählten zehn Orten Tarife gibt, die nach unserer Einschätzung nicht kostendeckend sein können. Entsprechend erhielten wir bei den ersten beiden Abfragen Tarife, deren Preis unter den berechneten Minimum-Kosten lag. Die billigsten Tarife lagen dabei bis zu 15 Prozent unter dem jeweiligen Minimum-Preis eines Orts. Die von beiden Portalen angezeigten günstigsten Tarife waren dabei entweder identisch oder wichen kaum voneinander ab.

Die kleinste Zahl unrentabler Tarife gab es in Weiden und Hamburg mit vier und sechs Angeboten. Mehr als 40 fanden wir jeweils in Baienfurt, Penzberg und Fürstenwalde. Dabei handelt es sich um die Orte, in denen vergleichsweise hohe Netzentgelte bestehen.

Zu erkennen war bei den ersten beiden Abfragen (ohne/mit Preisgarantie) auch, dass die meisten Angebote aufgrund von Bonuszahlungen unserer Einschätzung nach nicht kostendeckend sein können. In allen Orten enthielten die günstigsten Angebote Boni in Höhe von mehr als 200 bis 415 Euro. Die sich ergebenen Strom­kos­ten sind bei den günstigsten Angeboten in Fürstenwalde, Penzberg und Baienfurt sogar so niedrig, dass der Versorger auch die Kosten der Strombeschaffung nicht aus den Einnahmen des Stromliefervertrags decken kann. Die Versorger können damit nur die Ausgaben für Steuern, Umlagen und Abgaben sowie die Entgelte an den Netzbetreiber bezahlen.

Ohne diese Boni werden fast alle Angebote in den zehn Orten wirtschaftlich, haben wir errechnet. Dazu haben wir die angegebenen Arbeitspreise auf einen Verbrauch von 3.500 Kilowattstunden angewendet und die monatlichen Grundpreise dazu gezählt. Ergebnis: Ohne Bonus liegen die Stromgebühren um 25 bis 45 Prozent über den jeweiligen Minimum-Kosten. Die Grund- und Arbeitspreise sind in diesen Tarifen eher hoch.

Das führt dazu, dass diese sehr preiswerten Angebote zumeist nicht mehr günstig sind, wenn die Boni wegfallen. Bleiben die Preise im zweiten Vertragsjahr stabil, zahlen Kunden 12 bis 37 Prozent mehr für Strom als im ersten Vertragsjahr – weil Bonuszahlungen nicht mehr wirken.

Lediglich in Fürstenwalde und Baienfurt blieben fünf beziehungsweise vier Tarife nach dem Herausrechnen der Boni übrig, die weiterhin unter dem Minimum-Preis lagen. In Fürstenwalde lag die Unterschreitung bei 8 Prozent, in Baienfurt bei 4 Prozent.

Günstigste Strom-Angebote und der Einfluss von Bonuszahlungen

Ort

plausibler

Minimum-

Preis

in Euro

günstigstes

Angebot

mit Boni

in Euro

Strom­kos­ten

nach Heraus-

rechnen der

Boni in Euro

Baienfurt854,35727,521.089,89
Berlin802,97743,111.110,84
Biberach766,15718,8958,8
Bremen763,35700,68965,61
Essen813,75751,061.121,34
Fürstenwalde1.025,50884,91.299,96
Hamburg782,6759,611.132,83
München839,9770,71.147,72
Oldenburg887,25793,831.178,63
Penzberg872,2741,221.108,20
Weiden758,1713,15953,15

Die Ergebnisse waren auf beiden Portalen in allen Orten bis auf Bremen identisch. In Bremen lag der günstigste Preis eines Anbieters auf einem Portal geringfügig unter dem Preis, den das andere Portal anzeigte. 
Quelle: Finanztip-Erhebung auf den Vergleichsportalen Check24 und Verivox (Stand: Juli 2017)

Preisgarantie beeinflusst Tarifhöhe kaum

In Fürstenwalde und Baienfurt ging die Zahl der in unseren Augen unrentablen Angebote leicht zurück, nachdem wir eine Preisgarantie von mindestens zwölf Monaten auf die Entgelte des Versorgers eingestellt hatten. Die Preise der günstigsten Angebote blieben bis auf einen Ort unverändert. In dem Ort war der Preis des günstigsten Lieferanten geringfügig höher.

Nach Herausrechnen der Boni blieben wiederum in Fürstenwalde und Baienfurt Tarife übrig, die unter dem jeweiligen Minimum-Preis lagen. Bei dieser zweiten Abfrage waren es aber nur noch ein beziehungsweise drei Angebote.

Mit Finanztip-Kriterien keine unwirtschaftlichen Tarife

Bei der dritten Abfrage (also unter Finanztip-Kriterien) gab es in der Untersuchung zu kostendeckenden Tarifen nur in einem Ort einen Tarif, der unter dem errechneten Minimum-Preis lag. Dieser Tarif ließ sich aber weder über Check24 noch über Verivox abschließen. Auf der Seite des Anbieters selbst waren die Konditionen höher und lagen damit nicht mehr unter dem Minimum.

Unsere Schlussfolgerung ist daher: Unsere Kriterien für die Einstellung von Vergleichsrechnern filtern die Tarife heraus, mit denen der Versorger zunächst Verlust macht. Ist ein Tarif von Anfang an für einen Versorger wirtschaftlich, steht er weniger unter Druck, die Preise zum nächstmöglichen Zeit­punkt zu erhöhen oder Verträge so zu gestalten, damit er bald Gewinn erwirtschaftet.

Die günstigsten Angebote mit Finanztip-Kriterien waren dabei 16 bis 20 Prozent teurer gegenüber den günstigsten Angeboten mit Boni, die bei den ersten beiden Abfragen erschienen. Fallen die Boni im zweiten Vertragsjahr weg, ändert sich das Bild: Dann sind die Tarife nach Finanztip-Kriterien 12 bis 20 Prozent günstiger, vorausgesetzt natürlich, dass alle Preise unverändert bleiben.

Preisunterschiede bei Tarifen mit Boni und nach Finanztip-Kriterien

Ort

plausibler

Minimum-

Preis in Euro

günstigstes

Angebot

mit Boni in Euro

günstigstes

Angebot nach

Finanztip-Kriterien

in Euro

Baienfurt854,35727,52835,011
Berlin802,97743,11922,2
Biberach766,15718,8858,5
Bremen763,35700,68865,42
Essen813,75751,06929,61
Fürstenwalde1.025,50884,91.075,97
Hamburg782,6759,61944,25
München839,9770,7954,93
Oldenburg887,25793,83985,48
Penzberg872,2741,22941,57
Weiden758,1713,15850,8

Die Ergebnisse waren auf beiden Portalen in allen Orten bis auf Bremen identisch. In Bremen lag der günstigste Preis eines Anbieters auf einem Portal geringfügig unter dem Preis, den das andere Portal anzeigte.
Das Angebot für Baienfurt war auf den Seiten der Vergleichsportale nicht abzuschließen, und beim Stromanbieter selbst lag der Preis höher. 
Quelle: Finanztip-Erhebung auf den Vergleichsportalen Check24 und Verivox (Stand: Juli 2017)

Anbieter liefern keine Erklärungen für unrentable Tarife

Wir haben die Anbieter mit den günstigsten Tarifen aus den ersten beiden Abfragen angeschrieben und sie gebeten, uns zu erklären, inwieweit sich diese Tarife für sie lohnen. Die billigsten Tarife an den zehn untersuchten Orten stammen dabei von nur drei Unternehmen, die mit hohen Boni arbeiten. Durch sehr günstige Grund- und Arbeitspreise fielen vier weitere Unternehmen auf. Von diesen insgesamt sieben angeschriebenen Stromversorgern reagierten vier auf die Anfrage. Keines davon lieferte aber eine schlüssige Erklärung.

Ein Unternehmen teilte mit, dass das sehr günstige Angebot zum 31. Juli 2017 endete. Das Folgeprodukt ist teurer. Ein anderes Unternehmen erklärte, dass es sehr günstig Strom einkaufe, ohne dies genauer anzugeben. Dabei handelte es sich um einen Anbieter, der lediglich mit einem Tarif an einem Ort aufgefallen war. Dieser Tarif lag um rund 20 Euro unter dem Minimum-Preis. Es ist möglich, dass das Unternehmen geringere Kosten beim Strombezug hat, als wir angenommen haben. Dennoch sind über den Minimum-Preis noch nicht die Kosten für den Vertrieb gedeckt, geschweige denn eine Marge enthalten.

Ein drittes Unternehmen versprach eine Erklärung, die bis Redaktionsschluss nicht vorlag. Das vierte Unternehmen versuchte, die Redaktion telefonisch zu erreichen. Unsere Rückrufe blieben jedoch ebenso erfolglos.

Teurer als Grundversorgung – das halten Versorger für fair

Auch die Versorger mit den auffälligsten Tarifen in der Untersuchung 2018 zu Kosten im zweiten Vertragsjahr haben wir angeschrieben – insgesamt zehn Unternehmen. Acht davon haben reagiert. Lediglich von der BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft und von Stromio ging bis Redaktionsschluss keine Antwort ein.

Wissen wollten wir von einem Unternehmen, Eon Energie Deutschland, warum die Kosten im Tarif „Eon Öko Strom“ in mehreren Orten im zweiten Vertragsjahr höher liegen als in der Grundversorgung. Für diesen Tarif besteht nämlich eine Preisgarantie bis 30. November 2020. Eine Stellungnahme erhielten wir zu diesem Punkt von Eon nicht.

Die anderen neun Unternehmen fragten wir, inwieweit sie im zweiten Jahr einen zusätzlichen Bonus oder Rabatt gewähren, womit sich die Kosten anders darstellten. Außerdem erfragten wir, ob die Preise im zweiten Jahr stabil bleiben oder inwieweit sie sich ändern.

Einen zusätzlichen Bonus oder Rabatt sieht kein Unternehmen vor. Ob die Preise in den Tarifen erhöht oder auch gesenkt werden, machten drei Versorger von der Entwicklung der staatlichen Umlagen, Steuern und Abgaben auf den Strompreis abhängig oder auch von der Entwicklung der Netzentgelte. Diese sorgten auch vorrangig dafür, dass die Preise im zweiten Jahr deutlich höher seien. Ein weiteres Unternehmen räumte im vertraulichen Gespräch ein, dass bei den günstigsten Bonustarifen eine Preisänderung im zweiten Jahr in der Regel nicht vorgesehen sei.

Auf die Kosten, die ein Versorger selbst beeinflussen kann – nämlich für Beschaffung und Vertrieb – gingen nur First Utility und Jura Power ein. Je nach marktspezifischen Entwicklungen würden Preise angepasst, teilte First Utility mit. Jura Power begründet die hohen Preise im zweiten Vertragsjahr mit den im Jahr 2018 gestiegenen Beschaffungskosten an der Strombörse EEG – von Mitte 2017 bis Mitte 2018 ist der Preis am Terminmarkt um rund 1,5 Cent pro Kilowattstunde (netto) nach oben gegangen. Der Anbieter erwartet, dass die Grundversorger in den kommenden Monaten ihre Tarife noch anziehen, während jene von Jura Power die höheren Kosten schon beinhalten. Bei sinkenden Kosten gebe Jura Power diese weiter, erklärte der Geschäftsführer des Unternehmens.

Die hohen Bonuszahlungen gewähren die Versorger nach eigenen Angaben, um auf den Vergleichsportalen möglichst weit oben zu stehen und viele Neukunden zu gewinnen. Dass diese dann im zweiten Jahr deutlich mehr oder sogar mehr als in der Grundversorgung zahlten, sei dennoch fair, argumentiert die EBLD Schweiz Strom GmbH: Schließlich sei die Bonuszahlung der Firma im ersten Jahr – und auch darüber hinaus – höher als die Mehrkosten gegenüber der Grundversorgung im zweiten Jahr. Andere Versorger erklären, ihr Ziel sei es, ihre Kunden bei gutem Service günstig zu versorgen.

Auffälligste Tarife der Untersuchung zu Kosten im 2. Vertragsjahr

VersorgerTarif

Anzahl

der Orte

(von 12)

maximale Mehrkosten

im 2. Jahr gegenüber

Grundversorgung

Stromio GmbHGrünstrom easy12220,20 Euro (in Bad Segeberg)
 Stromio easy12220,32 Euro (in Bad Segeberg)
 Grünstrom easy1211161,42 Euro (in Bad Segeberg)
EBLD Schweiz Strom GmbHSchweizstrom 1210189,40 Euro (in Dresden)
Jura Power GmbH & Co. KGNaturehome Select9145,63 Euro (in Dresden)
Enstroga AGVollstrom komplett8170,30 Euro (in Bad Segeberg)

BEV Bayerische

Energieversorgungs-gesellschaft GmbH & Co. KG

BEV Energie Strom 257139,05 Euro (in Bad Segeberg)
EBDL Schweiz Strom GmbHSchweizstrom Natur 127188,90 Euro (in Dresden)

BEV Bayerische
Energieversorgungs-

gesellschaf GmbH &

Co. KG

BEV Energie Strom 126134,83 Euro (in Bad Segeberg)
 BEV Strom WM-Tarif6122,23 Euro (in Bad Segeberg)
Enstroga AGElogico6171,49 Euro (in Bad Segeberg)
Eon Energie Deutschland GmbHEon Strom Öko6183,16 Euro (in Dresden)
First Utility GmbHShell Bonus 12660,24 Euro (in Bad Oldesloe)
Strogon GmbHFest plus6111,12 Euro (in Bad Segeberg)
Wunderwerk AGBonuswunder6179,09 Euro (in Bad Segeberg)

Aufgeführt sind Tarife von Versorgern, die uns an mindestens sechs der von uns untersuchten zwölf Orte aufgefallen sind, weil die voraussichtlichen Kosten in diesen Tarifen im zweiten Vertragsjahr über denen der Grundversorgung liegen. Die Tarife sind nach der Anzahl der Orte geordnet, in denen sie aufgefallen sind. Bei gleicher Anzahl liegt eine alphabetische Sortierung nach dem Versorger vor. Die maximalen Mehrkosten liegen der Annahme zugrunde, dass sich die Preise im genannten Sondertarif und dem Grundversorgungstarif am Ort nicht verändern.
Quelle: Finanztip-Erhebung auf den Vergleichsportalen Verivox und Check24 (23. Juli 2018)

Unser Fazit: Sei skeptisch bei Billigstrom

Verspricht Dir ein Stromversorger einen besonders günstigen Stromtarif mit hohem Bonus, ist Skepsis angebracht. Denn viele Bonuszahlungen gibt es nur im ersten Jahr. Deine Stromrechnung fällt im zweiten Jahr ohne Bonus deutlich höher aus. Nur so rechnen sich die Tarife für die Anbieter, die offenbar auf wechselfaule Kunden setzen.

Falls Du nicht rechtzeitig kündigst, bist Du in dem vermeintlich günstigen Tarif erst einmal gefangen. Und zwar so lange, wie sich der Vertrag nach der ersten Laufzeit stets verlängert – häufig über zwölf Monate. Eher dauerhaft günstige Tarife findest Du mit dem Finanztip-Stromrechner. Er sortiert Angebote mit Boni und längerer Vertragsbindung aus.

Mehr dazu im Ratgeber Stromanbieterwechsel

  • Den Stromanbieter zu wechseln, zahlt sich häufig aus.

  • Wie Du vorgehen solltest, erfährst Du in unserem Ratgeber.

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Autor
Ines Rutschmann

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