Der Landesverband Baden-Württemberg der Piratenpartei spricht sich entschieden gegen den geplanten weiteren Ausbau der Videoüberwachung im Land aus. Umfangreiche Investitionen in den Bereichen Bildung und Polizei bieten langfristig mehr Sicherheit als populistische Ausgaben für Überwachungstechnik.

Nach übereinstimmenden Berichten mehrerer Medien haben sich Innenminister Rech (CDU) und Justizminister Goll (FDP) auf einen massiven Ausbau der Videoüberwachung im Land geeinigt. Dabei ist Videoüberwachung nicht geeignet, Straftaten aufzudecken, wie Untersuchungen aus London, der Hauptstadt der Videoüberwachung, zeigen.[1][2] Im Gegenteil: Da sich Bürger fälschlicherweise sicherer fühlen, werden sie unaufmerksam und damit leichter Opfer von Straftaten. Das Vertrauen in Videokameras verringert zudem die Bereitschaft von Passanten einzugreifen, wenn tatsächlich etwas geschieht. Videoüberwachung senkt keinesfalls die Zahl der Straftaten: Wenn überhaupt, so verlagern sich die Schwerpunkte lediglich an andere Orte. Die logische Folge sind immer mehr Videokameras und ein immer höherer Überwachungsdruck bei den Bürgern.

“Die Landesregierung plant, das Datenschutzgesetz noch stärker aufzuweichen, um ein landesweites Überwachungsnetz aufzubauen. Diese schwarz-gelbe Verschwendung öffentlicher Gelder ist nicht zu rechtfertigen”, stellt Stefan Urbat, Bewerber der Piratenpartei im Wahlkreis 1 Stuttgart I (Innenstadt) für die Landtagswahl 2011, fest. “Unser Bildungssystem und die Polizei sind chronisch unterfinanziert. Hier muss die Landesregierung ansetzen und wirklich etwas zur Verbrechensprävention und -bekämpfung tun”.

Gerade vor dem Hintergrund des geplanten paneuropäischen Überwachungssystems Indect[3] ist es unverständlich, wieso die nutzlose Videoüberwachung des öffentlichen Raums, des Nahverkehrs, von Parkhäusern, in Stadien, auf dem Campus oder dem Schulhof noch weiter ausgebaut werden soll. Ziel von Indect ist unter anderem eine europaweite Verknüpfung von Überwachungskameras, Datenbanken und automatisierten Auswertungsverfahren. Es markiert den Wandel von der Fahndung nach Verbrechern zur systematischen Suche nach Abweichungen von der Norm, die dann als verdächtiges Verhalten definiert werden.

Nicht zuletzt passen Menschen ihr Verhalten an, wenn sie überwacht werden. In einer Demokratie ist es jedoch ein unhaltbarer Zustand, wenn Menschen durch Überwachungsdruck genötigt werden, auf fundamentale Rechte wie Meinungs- oder Versammlungsfreiheit zu verzichten. Ein Rechtsstaat braucht Bürger, die den Staat überwachen und sich nicht vor ihm fürchten.

Wie der Präsident des Bundesgerichtshofes bereits bemängelt hat, ist die Politik derzeit von einer Sicherheitshysterie getrieben, die in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Entwicklung der Sicherheit in Deutschland steht.[4] Die Piratenpartei steht für eine langfristig stabile Demokratie und rät den regierenden Parteien, sich solche Narreteien und Irreführungen für den Fasching aufzuheben.

  1. http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/england/london/8219022.stm
  2. http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19543/1.html
  3. UE FP7 INDECT Project: “Intelligent information system supporting observation, searching and detection for security of citizens in urban environment”
  4. http://www.sueddeutsche.de/politik/172/502407/text/