Bücher, Essen, Klassenfahrten & Co.
So viel kostet ein Schulleben in Deutschland
Wer sich für Nachwuchs entscheidet, ist sich darüber bewusst: Kinder sind teuer! So weit, so klar - oder doch nicht? Fast die gesamte Kinder- und Jugendzeit verbringen die Schützlinge in der Schule, aber die wenigsten Eltern wissen, was ein Schulleben tatsächlich kostet. Von der Einschulung bis zum Abitur summieren sich die Ausgaben für Bücher, Schulessen, Klassenfahrten oder die Hortbetreuung. Erschwerend kommt hinzu, dass die einzelnen Bundesländer bis hin zu Städten und Kommunen, bestimmte Regeln und Gesetze unabhängig voneinander festlegen. Deshalb wollten wir wissen: Wie viel kostet ein Schulleben in Deutschland wirklich und wie groß sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern?
Dazu muss man wissen: Das deutsche Schulsystem wird nicht zentralisiert vom Bund gestaltet, sondern steht unter der Obhut der einzelnen Bundesländer. Während die Kultusministerien der Länder die Lehrpläne festlegen und das Lehrpersonal verantworten, sind für die Ausstattung der Schule, Lehrmittel oder die Organisation der Kantine die Kommunen zuständig, die die reale Ausgestaltung oft direkt an die Schulträger selbst abgeben. Verschiedenen Richtlinien und Gesetze machen eine Vergleichbarkeit unter den einzelnen Bundesländern deswegen extrem schwierig. Und das gilt auch bei der Frage nach den durchschnittlichen Kosten eines Schullebens in Deutschland. Wir haben uns herangewagt, um diese Frage für Euch zu klären.
Ein Schulleben in Deutschland kostet fast 21.000 Euro
So viel wie für eine zehnmonatige Weltreise oder ein Kleinwagen: Durchschnittlich 20.700 Euro müssen Eltern in Deutschland für ein schulpflichtiges Kind aufbringen - von der Einschulung bis zum Abitur.Der Startschuss ins Schulleben bildet die Einschulung, deswegen stellt sie den Ausgangspunkt unserer Berechnungen dar. Als Endpunkt wählten wir das Abitur, das derzeit in fast allen Bundesländern in der zwölften Klasse auf Gymnasien abgelegt wird. Daraus ergibt sich eine zugrunde liegende Laufzeit von insgesamt zwölf Jahren für ein Schulleben in Deutschland.
In unsere Berechnung für die Kosten eines gesamten Schullebens flossen folgende Ausgaben ein:
- Einschulungskosten
- Einschulungsfeier
- Schultüte mit Inhalt
- erster Schulranzen
- Schulkosten
- Schulessen
- Klassenfahrten
- Bücherkauf
- Hortkosten
- Ticket für den öffentlichen Nahverkehr
- Arbeitsmaterialien
- Hefte, Schere, Stifte und so weiter
- Sonstiges
- Schulranzen / Schulrucksack
- Sportsachen
- Hausschuhe und so weiter
Damit fokussierten wir uns auf die Standardkosten, um eine Vergleichbarkeit unter den einzelnen Bundesländern zu gewährleisten. Ausgenommen sind all jene Ausgaben, die recht individuell ausfallen, beispielsweise für das tägliche Pausenbrot, den Kuchen für das Sommerfest oder den Schreibtisch zu Hause.
Bundeslandvergleich: Niedersachsen ist Spitzenreiter, Mecklenburg-Vorpommern am günstigsten
Betrachtet man die Höhe der durchschnittlichen Gesamtkosten pro Bundesland werden extreme Schwankungen deutlich. Die Gründe dafür liegen in der föderalistischen Struktur Deutschlands begründet. Jedes Bundesland definiert eigene Regeln für die Finanzierung des Schulessens, des Bücherkaufs oder zur Gestaltung der Hortkosten.Niedersachsen, Hamburg und Bremen bilden die Top 3 des Länderrankings. In diesen Bundesländern fallen die Ausgaben am höchsten aus, wobei in Niedersachsen ein Schulleben mit 27.300 Euro am teuersten ist. Knapp dahinter rangiert Hamburg mit 26.700 Euro. Familien mit einem schulpflichtigen Kind in der Hansestadt Bremen berappen 24.500 Euro. Grund für die immensen Gesamtkosten sind die vergleichsweise hohen Kosten für den Hort.
Am unteren Ende der Skala stehen Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen. Im Laufe eines gesamten Schullebens fallen die Ausgaben in Mecklenburg-Vorpommern mit 14.900 Euro am geringsten aus. Sachsen und Thüringen liegen fast gleich auf, denn für Schulessen und Co. werden jeweils rund 15.000 Euro fällig.
Zusammengefasst ist der Abstand zwischen dem teuersten und günstigsten Bundesland beachtlich: Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern trennen 12.400 Euro. Demnach kostet ein Schulkind in Niedersachsen fast das Doppelte.
Einschulungsfeier: Im Osten wird mehr ausgegeben
Der erste Schulranzen stellt die Schultüte kostentechnisch in den Schatten
Deutlich teurer als die gefüllte Schultüte, ist der erste Schulranzen. Wir analysierten jeweils die Top 5 der beliebtesten Modelle für Jungs und Mädchen. Das Ergebnis: Die durchschnittlichen Kosten betragen 160 Euro, die somit etwa einem Drittel der gesamten Einschulungskosten inklusive der Feier plus gefüllter Schultüte entsprechen.
Aktuell haben Eltern die Wahl zwischen mehr als 1.300 Schulranzen. Die Auswahl fällt dabei nicht leicht, obwohl der persönliche Geschmack der zukünftigen Schulkinder sicher eine entscheidende Rolle spielen dürfte. Eine gute Anlaufstelle bietet Stiftung Warentest, die außerdem einige Tipps für den Ranzenkauf zusammengestellt hat.
SPARTIPP
Sowohl bei der Erstausstattung als auch beim Kauf des Schulranzens empfiehlt sich ein Preisvergleich. Es muss auch nicht immer das neueste Modell sein, denn ältere Kollektionen sind oft günstiger zu haben und unterscheiden sich häufig nur in ihren Designs.
Die Hortbetreuung ist der Kostenfaktor Nummer eins
Unserer Berechnung liegen die Kosten für eine Nachmittagsbetreuung zwischen vier bis sechs Stunden zugrunde von der ersten bis zur sechsten Klassenstufe. Da die Preise jedoch regional festgelegt werden, geht die Kostenschere zwischen den einzelnen Bundesländern extrem auseinander. In der Regel wird der Betrag auf der Grundlage des gesamten Bruttohaushaltseinkommens berechnet. Zudem fließen sowohl die Anzahl der Stunden als auch die Betreuungszeiten darin ein. Daraus ergeben sich für Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Berlin Hortkosten in Höhe von mehr als 10.000 Euro im Laufe eines Schullebens. Während Familien in Thüringen, Sachsen Anhalt und Mecklenburg Vorpommern nur rund 3.300 Euro für die Betreuung ihres Schulkindes ausgeben müssen.
Betrachtet man die komplette Kostenaufstellung, so sind es vor allem die durchschnittlichen Hortkosten von 7.900 Euro, die die Ausgaben in die Höhe treiben. Sie tragen dazu bei, dass die ersten sechs Schuljahre die teuersten sind.
SPARTIPP
Seit 2012 gilt: Bis zum 14. Lebensjahr können die Betreuungskosten als Sonderausgabe von der Steuer, maximal 4.000 Euro pro Kind und Jahr abgesetzt werden. Essensgeld allerdings zählt nicht dazu. Um die Hortkosten gering zu halten und den Betreuungsumfang zu minimieren, können auch regelmäßig etwa die Großeltern einspringen. Die Fahrtkosten zu ihnen können ebenfalls von den Eltern in der eigenen Steuererklärung abgesetzt werden. Wichtig ist hierbei allerdings, dass die Großeltern einen Betreuungsvertrag aufsetzen.
Schulbücher kaufen oder nicht: starke Unterschiede zwischen den Bundesländern
Zusammengefasst bestehen die gravierendsten Unterschiede in der Kostenhöhe zwischen den Bundesländern bei den Hortkosten sowie der Anschaffung der Schulbücher. Da in den ersten sechs Schuljahren die Mehrheit der Kinder außerdem am Mittagessen teilnimmt, fließen auch diese Ausgaben in unsere Berechnung der Schulkosten mit ein. Zudem gehört die alljährliche stattfindende obligatorische Klassenfahrt unbedingt in eine vollständige Betrachtung der Schulkosten hinein.
SPARTIPP
Auf Bücherbörsen bieten ältere Schüler gebrauchte Bücher zu reduzierten Preisen an.
Essen in der Schule und die Klassenfahrt nach London: muss das sein?
Früher eine Klassenfahrt aufs Land, heute nach London? Immer wieder ächzen Eltern - vor allem älterer Schulkinder - über die teuren, alljährlichen Klassenfahrten. Während die Kids in der Grundschule noch einen gemütlichen Ausflug ins Umland machen, scheinen den Vorstellungen im fortgeschrittenen Schulleben keine Grenzen mehr gesetzt zu sein. Aber haben Erziehungsberechtigte überhaupt ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Klassenausflugs? Für die Kosten einer Klassenreise gibt es prinzipiell keine festgelegte Obergrenze. Einige Schulen sind aber dazu übergegangen die Ausgaben zu deckeln und legen eigene Maximalausgaben fest. Das Ziel der Klassenfahrt selbst, schlägt meist der Lehrer vor, das jedoch von der Schulleitung abgesegnet werden muss. Sind die Kosten für Eltern nicht tragbar, oder schätzen sie diese für unverhältnismäßig hoch ein, bleibt nur der Einspruch auf dem Elternabend.
SPARTIPP
Generell sollten Eltern nicht am Schulessen sparen, denn eine regelmäßige Ernährung ist die Grundlage für ausreichende Lernpower. Wem das Angebot der Schule nicht zusagt, kann seinem Kind alternativ eine individuell zusammengestellte und gesunde Lunchbox mitgeben.
Mit dem Alter kommt der Drang nach Freiheit: Fast 400 Prozent Unterschied beim ÖPNV
Fast schon günstig: Materialien und sonstige Anschaffungen
Insgesamt sollten nach unseren Berechnungen hierfür rund 2.400 Euro eingeplant werden. Das sieht zunächst nach viel aus, umfasst aber alle grundlegenden Anschaffungen für alle 12 Jahre.
Die Ausgaben sind aber genauso individuell wie jedes Schulkind selbst. Je nach Schule und fortschreitender Digitalisierung kann der Bedarf nach Papier, Heftern und Stiften deutlich niedriger oder höher ausfallen.
SPARTIPP
Die größten Investitionen sind Rucksäcke, Sportbekleidung, Taschenrechner und Zirkel. Wie auch bei allen anderen Verbrauchsmaterialien empfiehlt sich hier ein Preisvergleich und die Wahl von Vorjahresmodellen - etwa bei Sportschuhen. Online sind viele Produkte zudem günstiger als im klassischen Schreibwarenladen.
Fazit: In Deutschland herrschen extreme Unterschiede bei den Ausgaben für ein Schulleben
Extreme Unterschiede zwischen den Ländern herrschen vor allem bei den Hortkosten. So müssen Eltern in Niedersachsen (13.900 Euro) für ihr Schulkind in der Nachmittagsbetreuung, mit fünfmal so hohen Ausgaben rechnen als in Thüringen (2.700 Euro). Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei der Finanzierung der Lehrmittel ab.
In Baden Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Mecklenburg Vorpommern, Sachsen, Schleswig Holstein oder Thüringen wurde die sogenannte Lehrmittelfreiheit eingeführt, das heißt unter anderem, dass dort die Schulbücher kostenfrei abgegeben werden. Komplett andere und dazu verschiedene Regeln gelten im Rest von Deutschland. Daraus ergeben sich beispielsweise für das Saarland Bücherkosten in Höhe von mehr als 1.500 Euro, in Brandenburg dagegen werden nur 270 Euro fällig.
Im Ergebnis errechneten wir die durchschnittlichen Kosten von fast 21.000 Euro für ein komplettes Schulleben von der Einschulung bis zum Abitur. Als absoluter Kostentreiber entpuppten sich die Hortkosten. Durchschnittlich 7.900 Euro zahlen Eltern mit einem schulpflichtigen Kind in der Nachmittagsbetreuung.