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Verfassungswidrige Gesetze

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Der Bundestag beschließt Geheimdienstreformen.
Der Bundestag beschließt Geheimdienstreformen. © dpa

Das Bundesverfassungsgericht hat zahlreiche Anti-Terrorgesetze, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erlassen wurden, für verfassungswidrig erklärt. Eine Übersicht.

Großer Lauschangriff: Das Gesetz gestattete die Verwanzung und Kameraüberwachung privater Wohnräume. Mit Urteil des Ersten Senats vom März 2004 wurde es weitgehend für verfassungswidrig erklärt. Die Wohnraumüberwachung dürfe nur angeordnet werden, wenn es um schwere Straftaten geht, für die eine Höchststrafe von mehr als fünf Jahren droht. Weitere strenge Auflagen wurden gemacht. Bei privaten oder intimen Gesprächen müssen die Aufzeichnung gestoppt, die Inhalte gelöscht werden.

Luftsicherheitsgesetz: Damit sollte der Bundeswehr erlaubt werden, ein entführtes Passagierflugzeug abzuschießen, wenn dadurch viele Menschen am Boden gerettet werden. Das Bundesverfassungsgericht erklärte das 2006 für verfassungswidrig und nichtig. Der Staat dürfe nie Menschenleben gegen Menschenleben abwägen. Der Bundeswehr sei es bei Einsätzen im Innern im Übrigen verboten, Waffen mit sich zu führen. Dieser letzte Punkt wurde 2012 geändert. Weil sich der Erste und der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts uneinig waren, musste das gesamte Plenum mit 16 Richterinnen und Richtern entscheiden. Fazit: Die Verwendung von Waffen ist bei Katastropheneinsätzen der Bundeswehr im Innern nicht generell ausgeschlossen.

Vorratsdatenspeicherung I: Das Gesetz von 2008 ordnete die anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten bei den Telekommunikationsunternehmen an. Welche Telefonnummer wann, von wo und von wem angerufen wurde und wie lange das Gespräch dauerte, diese Daten sollten sechs Monate lang konserviert werden. Dasselbe galt auch für SMS und E-Mails. In Verdachtsfällen sollten die Ermittler Zugriff auf die Daten nehmen können. Im März 2010 erklärte der Erste Senat Teile des Gesetzes für verfassungswidrig und nichtig. Das Gesetz gehe unverhältnismäßig weit, weil es den Zugriff nicht auf „schwere Straftaten“ beschränke.

Vorratsdatenspeicherung II: Auch gegen das zweite nachgebesserte Gesetz liegen Verfassungsbeschwerden vor. Am 15. Juli 2016 lehnte es der Erste Senat jedoch ab, die novellierte Vorratsdatenspeicherung vorläufig zu stoppen. In der Begründung wurde darauf verweisen, dass die Daten nur noch zehn Wochen gespeichert werden, E-Mails ausgenommen wurden. Weiter sei der Zugriff auf die Aufklärung schwerer Straftaten beschränkt und auch andere Vorgaben aus dem Urteil vom März 2010 beachtet worden.

BKA-Gesetz: Dieses Gesetz von 2008 erlaubte dem Bundeskriminalamt den Einsatz geheimdienstlicher Methoden zur Gefahrenabwehr. Zum Arsenal gehören Online-Durchsuchungen von Computern mit Trojanern, Kamera- und die akustische Wohnraumüberwachung. Am 20. April 2016 erklärte der Erste Senat das Gesetz für teilweise verfassungswidrig. Die Richterinnen und Richter den beanstandeten unverhältnismäßig weiten Anwendungsbereich von Wohnraumüberwachungen, aber auch die Datenweitergabe an andere Geheimdienste und die mangelnde richterliche Kontrolle. Bei Wohnraumüberwachungen verdächtiger Gefährder muss eine unabhängige Stelle die Aufzeichnungen vor Weitergabe an das BKA sichten. Die Wohnungen Nicht-Verdächtiger dürfen gar nicht überwacht werden. Wenn die Maßnahmen zur Verhütung von Terror eingesetzt werden sollen, ist ein „konkretisiertes absehbares Geschehen“ Voraussetzung. Allerdings bleibt das bestehende BKA-Gesetz bis Ende 2018 in Kraft. Erst dann müssen die Korrekturen erfolgt sein.

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