Positionspapiere/Leitlinien für die Einführung eines Grundeinkommens in Deutschland

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Die Piratenpartei Deutschland möchte im Bundestag eine Enquete-Kommission einrichten, die mögliche Wege zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens prüft. Über die Einführung soll ein Volksentscheid stattfinden.

Mit den nachfolgenden Leitlinien möchten wir in Dialog mit der Bevölkerung treten, um für die Idee eines Grundeinkommens zu werben, aber auch unsere Vorstellungen mit denen der Mehrheit abzugleichen.

1. Die Piratenpartei Deutschland bekennt sich zum Ziel des bedigungslosen Grundeinkommens (BGE).

Der Begriff "bedingungslos" ist nicht dahingehend zu verstehen, dass es überhaupt keine Bedingungen geben soll (wie z.B. "soll nur an Menschen ausgezahlt werden"), sondern dass es den vier Kriterien des Netzwerks Grundeinkommen genügt (ohne Gegenleistung, existenzsichernd, individuell berechnet, ohne Bedürftigkeitsprüfung).

Da ein derart großer Umbau der Steuer- und Sozialsystems sich über einen längeren Zeitraum hinziehen wird, sehen wir das BGE als mittel- bis langfristiges Ziel.

Wir wollen jedoch bereits jetzt den Umbau des Steuer- und Sozialsystems in Richtung eines bedingungslosen Grundeinkommens beginnen. Dabei ist als Zwischenschritt die Einführung eines Grundeinkommens denkbar, das noch nicht vollständig den genannten vier Kriterien entspricht. Das nennen wir dann nur "Grundeinkommen" und nicht "bedingungsloses Grundeinkommen". Wir streben einen solchen Einstieg kurzfristig an.

2. Das bedingungslose Grundeinkommen ist für uns kein Selbstzweck, sondern wir wollen damit das Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe sicherstellen. Wir stellen uns gegen keine andere Idee (oder anders benannte Idee), welche die Umsetzung dieses Rechts zumindest gleich gut realisiert.

3. Das bestehende Steuer- und Sozialsystem ist eine maßgebliche Voraussetzung für wirtschaftlichen Wohlstand und sozialen Frieden. Alle Experimente mit ungewissem Ausgang lehnen wir daher entschieden ab. Jeder Schritt bei der Einführung eines Grundeinkommens ist seriös zu finanzieren. Lieber startet man mit vorsichtigen Annahmen und einem geringen Grundeinkommen - sollte die Entwicklung dann günstiger verlaufen als die Annahmen, ist die Erhöhung des Grundeinkommens schnell beschlossen. Die Einführung eines Grundeinkommens darf jedoch nicht zur Schlechterstellung von wirtschaftlich Schwachen führen.

Bei der Einführung eines Grundeinkommens ist auch stets die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu beachten.

4. Wir halten das derzeitige ALG II - System für nicht sinnvoll reformierbar und wollen es baldmöglichst durch ein Grundeinkommenssystem ersetzen. Von daher ist das Grundeinkommen zumindest zunächst primär über die Einkommenssteuer zu finanzieren. Über eine stärkere Finanzierung mittels Umsatzsteuer ("Mehrwertsteuer") kann nachgedacht werden, sobald innerhalb des europäischen Binnenmarktes die Bereitschaft zu einer deutlichen Erhöhung der Umsatzsteuer besteht.

5. Ein Grundeinkommen wird zusätzlich zu Erwerbseinkommen und Renten- oder Pensionsbezug gezahlt. Es wird jedoch nicht anders zu finanzieren sein, als dass diese Einkommen dann stärker besteuert werden. Eine Kombination aus Grundeinkommen und Rentenbezug wird das Problem der Altersarmut wirksam bekämpfen.

6. Die Grundeinkommenssätze für Kinder und Jugendliche können von denen für Erwachsene abweichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kinder nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften. Insgesamt wollen wir eine deutliche Besserstellung der Familien, unabhängig vom Familienmodell.

Die Idee eines Kindergrundeinkommens schließen wir als Schritt auf dem Weg hin zu einem Grundeinkommen für alle nicht aus.

7. Wir wollen vorerst die Arbeitslosen- und die Rentenversicherung als paritätisch finanzierte Sozialversicherung fortführen. Die Rentenversicherung ist wegen der erworbenen Ansprüche ohnehin nicht ablösbar, zumindest nicht kurz- und mittelfristig.

Mit der Arbeitslosenversicherung hat Deutschland ein bewährtes Instrument der Arbeitsmarktpolitik, das wir nicht leichtfertig aus der Hand geben wollen. Sicherlich erlaubt jedoch die Einführung eines Grundeinkommens die Weiterentwicklung der Arbeitslosenversicherung, da dann zunehmend nicht mehr alle ihre Leistungen erforderlich sind.

8. Die Krankenkassen sollen auf ein steuerfinanziertes Gesundheitswesen umgestellt werden, damit alle Einkommmen unabhängig von Einkommensart und Beitragsbemessungsgrenzen herangezogen werden. Dabei muss eine ausreichende Finanzierung des Gesundheitswesens sichergestellt werden. Es darf keine "Behandlung nach Kassenlage" erfolgen.

Mit der Umstellung auf Steuerfinanzierung streben wir auch an, Mittel, die momentan in die Verwaltung fließen, in die Behandlung der Patienten umschichten zu können.

9. In Kombination mit einem Grundeinkommen könnte die Einkommenssteuer mittels einer sogenannten Flat Tax (die wir ohne eine solche Kombination strikt ablehnen) erhoben werden. Durch diese Kombination entsteht faktisch eine progressive Belastung höherer Einkommen, ohne dass diese Progression in den Einzelkomponenten enthalten ist. Dies ermöglicht ein besonders einfaches Steuersystem mit geringem Verwaltungsaufwand und Datensparsamkeit. Auf ähnliche Ergebnisse würde man mittels einer sogenannten negativen Einkommenssteuer kommen. Wir bevorzugen jedoch die Kombination aus Grundeinkommen und Flat Tax als dem Modell mit dem deutlich geringeren Verwaltungsaufwand.

10. Wir streben ein Grundeinkommen auf europäischer Ebene und letztlich global an. Das schließt nicht aus, dass einzelne Staaten schon mal vorangehen. Auf deren Erfahrungen können dann auch die anderen Staaten zurückgreifen.

11. Die Piratenpartei Deutschland legt sich nicht auf ein bestimmtes Grundeinkommensmodell fest, wir wollen dem Ergebnis der geforderten Enquete-Kommission nicht vorgreifen.

Als Beispiel für ein Grundeinkommensmodell, das den hier skizzierten Kriterien genügt, sei das Modell "Sozialstaat 3.0" (derzeit Versionsstand 1.6b) genannt.