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Herr Spahn, bei der Pflege haben Sie am Anfang Ihrer Amtszeit ziemlich aufs Gas getreten. Die geplante Pflegereform allerdings kommt auf den letzten Drücker und in abgespeckter Form. Warum?

Ein Wort: Corona.

Aber es hätte doch keinen besseren Zeitpunkt geben können, um die Pflege zu stärken. Gerade in der Pandemie war sichtbar, wie wichtig Menschen sind, die in der Pflege arbeiten.

Genau deshalb sorgt die Pflegereform für eine bessere Bezahlung von Fachkräften, ohne Pflegebedürftige und deren Angehörige zu überfordern. Pflegeheime und -dienste sollen künftig nur noch Versorgungsverträge mit den Pflegekassen abschließen können, wenn sie ihre Beschäftigten nach einem anerkannten Tarifvertrag entlohnen. Zudem bremsen wir die steigenden Eigenanteile von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen an den Heimkosten.

Julia Rotherbl (hinten) und Tina Haase im Gespräch mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn

Julia Rotherbl (hinten) und Tina Haase im Gespräch mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn

Ursprünglich wollten Sie den Eigenanteil für Pflegeleistungen im Heim auf 700 Euro im Monat deckeln. Jetzt geht es um fünf Prozent des Eigenanteils, die die Pflegeversicherung im ersten Jahr übernimmt. Warum sind Sie von der fixen Obergrenze abgerückt?

In der Politik geht es letztlich um Kompromisse, gerade bei finanziellen Fragen. Auch wenn ich mir persönlich noch mehr gewünscht hätte, ist das ein gutes Ergebnis für die Pflege in Deutschland.

Mehr als drei Viertel der Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt. Warum gibt es nicht das geplante Entlastungsbudget, das ihnen helfen würde?

Aber auch hier gibt es Verbesserungen: Die Pflegeleistungen steigen immerhin um fünf Prozent. Und die Kurzzeitpflege bekommt einen Aufschlag von zehn Prozent.

Die Pandemie hat Milliarden verschlungen. Und ausgerechnet bei der Pflege wird gespart?

Ganz im Gegenteil. Wir geben künftig drei Milliarden mehr pro Jahr für Pflege aus. Wir haben im Sinne der Pflegebedürftigen und der Pflegefachkräfte einige Paradigmenwechsel vollzogen – zum Beispiel bei der Bezuschussung oder dem Tariflohn. Und ja: Das sind wichtige Schritte, aber sicher nicht die letzten. Gerade im Bereich der Altenpflege muss mehr kommen.

Also wird nachgelegt?

Es geht gar nicht anders. Pflege ist eine der sozialen Fragen der 20er Jahre.