Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU, bei der Pressekonferenz zum Abschluss der Klausurtagung des CDU-Bundesvorstandes im Januar.
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Interview - Linnemann: "Ampel regiert über Köpfe der Menschen hinweg"

Am Wochenende haben erneut hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus und die AfD demonstriert. Der Verdruss vieler AfD-Wähler hänge auch mit der Politik der Ampel zusammen, sagt CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Die Union müsse deswegen ein Gegenprogramm zur Bundesregierung zeigen.

Sein Parteichef Friedrich Merz habe zu Recht gesagt, dass AfD-Wähler nicht alle rechtsextrem seien, betont CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. "Viele Menschen wählen diese Partei auch aus Protest." Deswegen müsse die Union klar sagen, was sie anders und besser als die Ampelkoalition machen würde, wenn sie in Regierungsverantwortung käme.

"In vielen Bereichen regiert die Ampel über die Köpfe der Menschen hinweg", sagt Linnemann. Als Beispiele nennt er die Förderung von Elektroautos und das Heizungsgesetz. "Da habe ich viele Mails bekommen von Bürgerinnen und Bürgern, die verunsichert waren - und das müssen wir artikulieren, wir sind ja in der Opposition." Unterschiede zwischen den Parteien müssten wieder herausgearbeitet werden.

Linnemann: Verbotsdebatte stärkt AfD


Auch "zugespitzte" Formulierungen wie sie von Merz immer wieder zu hören sind, hält der CDU-Generalsekretär für vertretbar. Wenn es in dieser Demokratie keine "harte Auseinandersetzung in der Sache" mehr gebe, stärke das die Ränder, betont Linnemann. Jenseits der Kritik an der aktuellen Bundesregierung sei die CDU aber "bereit, mit den Parteien der Mitte zusammenzuarbeiten", erklärt er.

Über die Debatte um ein Verbot der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative oder der gesamten Partei äußert Linnemann sich skeptisch. Mit Verbotsverfahren habe man in der Vergangenheit "negative Erfahrungen gemacht". Es sei besser, über konkrete Themen zu diskutieren wie etwa die Migration. "Das Problem ist: So eine Debatte macht die ja erst stark", sagt der CDU-Politiker. "Wenn wir über Verbote reden, sagen einige Protestwähler: Dann wähle ich die jetzt."

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