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Schweinezüchter Straathof
Tierhaltungsverbot und die Auswirkungen

Der Landkreis Jerichower Land in Sachsen-Anhalt hat gegen den niederländischen Schweinezüchter Adrianus Straathof ein deutschlandweites Tierhaltungs- und Betreuungsverbot für Schweine erlassen. Das bedeutet für Straathof faktisch Berufsverbot, er gehört zu den größten Schweinezüchtern in Deutschland. Die Betriebe laufen aber weiter.

Von Christoph Richter | 19.12.2014
    Ein Kreuz als Protest gegen Massentierhaltung
    Der Protest gegen die Massentierhaltung ist allgegenwärtig in und um Reichenow (Deutschlandradio/Thilo Schmidt)
    "Ich sag gar nichts dazu. Können gerne die Fragen per E-Mail schicken, ansonsten gebe ich keine Auskünfte."
    Die Mitarbeiter der Schweinezuchtanlage Glava GmbH in Gladau - ein Betrieb des holländischen Schweinezüchters Adrianus Straathofs, indem er nach Angaben des Landesverwaltungsamtes 50.000 Schweine halten soll - reagieren harsch auf Anfragen, keiner der Verantwortlichen will etwas sagen. Ansonsten scheint alles normal: Es kommen Schweinelaster angefahren, auf dem Betriebsgelände wird gearbeitet.
    Im flachen Bürotrakt - neben den Schweinehallen - ist reges Treiben zu beobachten. Auf dem firmeneigenen Parkplatz stehen dunkle Karossen mit Hamburger und Frankfurter Kennzeichen. Hintergrund ist wohl der, dass der Landkreis Jerichower Land nicht nur ein Tierhaltungsverbot gegen den Schweinezüchter Adrianus Straathof betreibt, sondern nun auch gegen die Glava GmbH, bestätigt SPD-Landrat Steffen Burchhardt.
    "An diesem Tierhaltungs- und Betreuungsverbot sind wir jetzt in den letzten, abschließenden Tätigkeiten."
    Unzumutbare Arbeitsbedingungen
    Gladau ist ein kleines Dorf und liegt im Niemandsland an der Landesgrenze zu Brandenburg. Im Zentrum steht eine romanische Kirche wie eine Trutzburg. Doch Dorf-Leben oder gar Läden, wie Bäcker oder Metzger gibt es nicht. Auch die Dorfkneipe ist verrammelt, der Schriftzug "Bauerneck" verblasst. Menschen sind kaum unterwegs. Zu Straathof traut sich niemand was zu sagen, der in der Region einer der größten Arbeitgeber ist.
    "Ich sage da gar nüscht zu. Warum soll ich da was sagen. Mach ick nicht. Suchen Sie sich mal einen anderen."
    "Ich möchte nichts sagen. Nee, nee." "Nee."
    Man habe Angst vor den Anwälten Straathofs, sagen die Menschen, sobald das Mikrofon aus ist. Ehemalige Mitarbeiter berichten von unzumutbaren Arbeitsbedingungen und Stundenlöhnen zwischen drei und vier Euro.
    Als Beobachter glaubt man sich in einer von der Politik vergessenen Region - in der überall die Reste verfallener LPG-Anlagen zu sehen sind - zu befinden.
    "Ich glaube es nicht."
    Von der Politik vergessene Region
    Sagt der parteilose Thomas Barz. Bürgermeister in Genthin, zu dem auch Gladau gehört. Er spricht von 80 Jobs die Schweinezüchter Straathof für die Menschen in Gladau und Umgebung geschaffen habe.
    "Wenn man jetzt 25 Jahre nach dem Mauerfall mal zurückschaut, gab es für manche Gemengelagen keinen Plan. Und das hat die Landwirtschaft auch ganz schwer getroffen. Ich glaube, dass auch manche Dinge nur möglich waren, weil etwas nicht geregelt war."
    Vergangene Woche hat der Landkreis Jerichower Land wegen gravierender Tierschutz-Verstöße ein Tierhaltungsverbot gegen Straathof erlassen. Wogegen Straathofs Anwälte umgehend Widerspruch eingelegt haben, dass das Verwaltungsgericht Magdeburg aber abgelehnt hat. Dagegen hat Straathof wiederum Beschwerde eingelegt. Nun geht das juristische Tauziehen vor dem Oberverwaltungsgericht in Magdeburg in die nächste Runde. Aber bis der 3. Senat eine Entscheidung fällt, kann es nach Auskunft von Verwaltungsrichterin Kristina Kubon gegenüber dem Deutschlandfunk bis zu 8 Wochen dauern.
    Obergrenzen für Tierzuchtanlagen
    Jetzt hat sich auch Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Rainer Haseloff in die Debatte eingemischt. Und sagte, dass er nur mit dem Kopf schütteln könne, wie Menschen mit Mitgeschöpfen umgehen. Seine Eltern hätten zwei Schweine, drei Ziegen, Hühner und Kaninchen gehalten. Es gehe nicht um eine ländliche Idylle, aber: "Ich glaube, dass bestimmte Exzesse keiner wollte und keiner für möglich gehalten hat." CDU Ministerpräsident Haseloff fordert daher jetzt Obergrenzen für Tierzuchtanlagen.
    Für Dorothea Frederking - agrarpolitische Sprecherin der Grünen im Magdeburger Landtag - fadenscheinig, da die CDU ihrer Meinung nach, das System der Massentierhaltung seit Jahren verharmlost, Kritiker lächerlich gemacht hätte.
    "Fakt ist, dass wir hier in Sachsen-Anhalt ein Klima haben, auch seitens der Landesregierung, wo große Tierhaltungsanlagen durchaus gewünscht sind."
    In den 1990er Jahren sind holländische Schweinezüchter wie van Gennip oder eben Adrianus Straathoff nach Deutschland gekommen, da ihnen in den Niederlanden wegen gesetzlicher Auflagen der Betrieb großer Schweinezuchtanlagen fast unmöglich gemacht wurde. In Ostdeutschland dagegen haben sie gute Bedingungen vorgefunden, auch weil sie alte LPG-Betriebe nachnutzen dürfen, für die ein sogenannter Bestandsschutz gilt.