Impfstoff-Lizenzen: Keine Patente auf lebensrettende Stoffe

Nach Ansicht der Piraten sollten Unternehmen das Recht bekommen, ein patentiertes Produkt ohne die Zustimmung des Patentinhabers zu produzieren. [EPA-EFE/CHRISTOPHE PETIT TESSON]

Die Piratenpartei, die aktuell stärkste tschechische Oppositionspartei, hat die Regierung und die EU aufgerufen, geistige Eigentumsrechte im Zusammenhang mit den COVID-19-Impfstoffen zu widerrufen. Ein solcher Schritt würde die Produktionskapazitäten erhöhen und somit mehr Impfstoffe für Europa und Entwicklungsländer sichern, argumentieren die Piraten.

„Jeder, einschließlich der EU-Staaten, muss anerkennen, dass die globale Pandemie nur durch Solidarität gelöst werden kann, das heißt: durch das Teilen von Impfstoffen, Bezugsquellen, Technologien und Know-how,“ so die tschechische Europaabgeordnete Markéta Gregorová (Piraten, Grüne/EFA) gegenüber EURACTIV.cz.

Vergangene Woche hatte bereits der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in einem Meinungsartikel für die Website Politico nahegelegt, die EU-Kommission solle von dem Zwangslizenz-Verfahren Gebrauch machen. Dieses erlaubt es den nationalen Regierungen, Unternehmen das Recht zu gewähren, ein patentiertes Produkt ohne die Zustimmung des Patentinhabers zu produzieren.

EU-Kommission sicher: Impfstoff-Patente sind nicht das Problem

Die Europäische Kommission will die Produktion von COVID-19-Impfstoffen durch einen „freiwilligen“ Austausch von Know-How unter Pharmafirmen ankurbeln. Das teilte eine EU-Quellen mit und betonte dabei, dass Patente kein Hindernis bei der Ausweitung der Impfstoffproduktion seien.

Die Europäische Kommission hat sich bisher allerdings nicht bereit gezeigt, einen solchen temporären Verzicht auf geistige Eigentumsrechte zu unterstützen – obwohl sich zahlreiche Staaten der Welt sowie humanitäre Organisationen wie Ärzte ohne Grenze für eine derartige Ausnahme aussprechen.

Die tschechischen Piraten kritisierten außerdem die angedachten Impfstoff-Exportverbote. Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche die Regeln für Impfstoffexporte verschärft und dafür auch (zaghafte) Unterstützung der Mitgliedstaaten erhalten.

Gregorová sagte dazu: „Impfstoffprotektionismus ist keine Lösung, damit würden wir uns ins eigene Fleisch schneiden. Die Herstellung [der Impfstoffe] für viele Staaten mag in Europa stattfinden, aber die Materialien dafür kommen aus der ganzen Welt. Ein Exportverbot für Impfstoffe verlängert nur die Krise – und eröffnet leider die Möglichkeit neuer Mutationen.“

Reiche Länder wollen Patente für Impfstoffe weiterhin nicht freigeben

Reichere Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) haben am Mittwoch einen Vorstoß von über 80 Entwicklungsländern blockiert. Diese fordern, dass Unternehmen auf Patentrechte verzichten, um so die Produktion von COVID-Impfstoffen anzukurbeln.

EU-Spitzen unterstützen Exportkontrollen für Impfstoffe – mit Einschränkungen

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben den von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Mechanismus für Genehmigungen des Exports von Impfstoffdosen außerhalb Europas gebilligt. In Bezug auf die tatsächliche Umsetzung dieses Mechanismus blieben sie jedoch zurückhaltend.

Drohung Richtung London? EU könnte Impfstoff-Exporte drosseln

Die EU-Kommission hat am heutigen Mittwoch mitgeteilt, sie sei bereit, die COVID-Impfstoffexporte in Länder, die selbst Impfstoffe produzieren, oder in Länder mit höheren Impfraten zu reduzieren, wenn diese der von Brüssel geforderten „Offenheit und Gegenseitigkeit“ nicht nachkommen.

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