RKI-Vizechef warnt: Ohne Corona-Maßnahmen 400.000 Neuinfektionen zu Weihnachten

„Wir müssen verhindern, dass sich das Virus unkontrolliert ausbreiten kann“, sagt RKI-Vizepräsident Lars Schaade.

„Wir müssen verhindern, dass sich das Virus unkontrolliert ausbreiten kann“, sagt RKI-Vizepräsident Lars Schaade.

Das Corona-Infektionsgeschehen in Deutschland nimmt seit einigen Wochen rasant zu. „Wir müssen verhindern, dass sich das Virus unkontrolliert ausbreiten kann“, betonte RKI-Vizechef Lars Schaade am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Vertretern aus dem Gesundheitswesen. Alle zehn Tage verdoppelten sich derzeit die Fallzahlen. „Wenn das genau so weiterginge, hätten wir an Weihnachten 400.000 täglich gemeldete Neuinfektionen am Tag“, so Schaade.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Spahn: Sind in entscheidender Phase der Pandemie
Jens Spahn, CDU, Bundesminister fuer Gesundheit, spricht in der Bundespressekonferenz zur Pandemielage im Lock down. Berlin, 03.11.2020 Berlin Deutschland *** Jens Spahn, CDU, Federal Minister of Health, speaks at the Federal Press Conference on the pandemic situation in the lock down Berlin, 03 11 2020 Berlin Germany Copyright: xThomasxTrutschel/photothek.dex

Gesundheitsminister Spahn und auch der Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts, Lars Schaade, sprachen von einer kritischen Lage im Kampf gegen das Virus.

Und das seien nur die offiziell bestätigten Fälle über die Gesundheitsämter. Auch der R-Wert befinde sich seit Anfang Oktober deutlich über 1. Eine Person stecke also mehr als eine weitere an. Die statistische Größe sei in den vergangenen Tagen leicht gesunken. „Das ist ein Hinweis darauf, dass die Kurve im Moment vermutlich etwas flacher wird“, erklärte Schaade. Das sei erstmal nur eine Beobachtung, aber noch keine Trendwende. Das würden erst die kommenden Tage zeigen.

Der Corona Newsletter "Die Pandemie und wir" vom RND.

Die Pandemie und wir

Der neue Alltag mit Corona: In unserem Newsletter ordnen wir die Nachrichten der Woche, erklären die Wissenschaft und geben Tipps für das Leben in der Krise – jeden Donnerstag.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Corona-Verdacht: PCR-Test nicht bei jeder Erkältung

Diese Pandemie ist eine echte Mammutaufgabe – für uns als Regierung und als Gesellschaft."

Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister

Jens Spahn äußerte sich zu seiner eigenen Corona-Infektion. Er wisse nicht, in welchem Setting er sich persönlich angesteckt habe. „Ich hatte einen eher milden Verlauf“, sagte der Bundesgesundheitsminister. Er sei demütig, wie die Infektion bei ihm verlaufen sei. „Diese Pandemie ist eine echte Mammutaufgabe – für uns als Regierung und als Gesellschaft.“ Er sei dankbar, dass er sich immer auf das Gesundheitswesen habe verlassen können. Die nationale Strategie zur Bekämpfung des Virus müsse fortlaufend angepasst werden. Beispiele seien dafür etwa die neue Quarantäneverordnung für Reiserückkehrer oder das Verändern der Teststrategie.

Alle Personen mit Erkältungssymptomen könnten bei einer bundesweiten Kapazität von drei Millionen PCR-Tests pro Woche nicht getestet werden, räumte Schaade ein. „Das ist weder nötig noch erforderlich.“ Es gehe deshalb im Winter darum, effektiv zu testen, weshalb auch die Empfehlungen für Ärzte angepasst worden seien. Drei Faktoren seien entscheidend: Die Symptomatik des Erkrankten, ob er aus einer Risikogruppe kommt und die Wahrscheinlichkeit, ob Kontakt zu einer Sars-CoV-2-positiven Person bestand. Wichtig sei es, dass sich auch diejenigen für mindestens fünf Tage isolierten, die keinen PCR-Test durchführen würden.

Uwe Janssens, Vorsitzender der Gesellschaft für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), berichtete zur Situation auf den Intensivstationen: „Wir werden zunehmend in Bedrängnis gebracht.“ Man habe innerhalb eines Monats eine Steigerung um mehr als das Sechsfache bei der Belegung, die Verdopplungszeit bei der Anzahl der Patienten erfolge derzeit innerhalb von zehn Tagen. Bei einem ungebremsten Anstieg würde die Intensivmedizin definitiv in kürzester Zeit an ihre Grenzen kommen. Spahn stellte den Krankenhäusern im Kampf gegen das Coronavirus weitere Unterstützung des Bundes in Aussicht. „Keine Klinik soll wegen Corona wirtschaftlich benachteiligt sein“, sagte er. Mit Blick auf die Forderung nach einer erneuten „Freihaltepauschale“ als finanzielle Unterstützung beim Verschieben nicht akut notwendiger Operationen für die Krankenhäuser sei die Bundesregierung in der Absprache mit den Ländern.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Wie für die Kliniken brauche es auch für fachärztliche Labore Mechanismen gegen Überlastungsszenarien beim Auswerten von Corona-Tests, mahnte am Dienstag der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Labormediziner, Michael Müller. Er sprach von „gefährlichen und so nicht mehr akzeptablen Zuständen“. Die Testkapazität sei bundesweit erstmalig zu 100 Prozent ausgereizt, teilte der Verband auf Basis von Daten aus 162 Laboren mit. Inzwischen sei „die rote Ampel überfahren“ worden. Bei Fortsetzung einer solchen Überflutung mit Proben oder einem möglichen Geräte- oder Personalausfall drohe ein Zusammenbruch der Versorgung.

Lockdown: Exponentielles Wachstum stoppen

Wir sollten uns darauf konzentrieren, konstruktive Lösungen zu suchen.

Melanie Brinkmann, Virologin

„Wir müssen das exponentielle Wachstum stoppen“, appellierte die Virologin Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. Sie sei Debatten über die Funktionstüchtigkeit von PCR-Tests und Effektivität von Masken leid. Die Zeit im Sommer sei darauf verschwendet worden, darüber zu diskutieren, ob und wie gefährlich das Coronavirus sei. Dabei sei die Dynamik um die Gefahr der Pandemie von Anfang an klar gewesen. „Wir sollten uns darauf konzentrieren, konstruktive Lösungen zu suchen“, mahnte Brinkmann. Wenn nur 80 Prozent der Bevölkerung bei der Umsetzung der Maßnahmen mitmachen, sei das nicht schlecht. Aber wenn alle mitmachten, dauere auch der Lockdown light kürzer. Sie sei auch sehr erleichtert, dass Kinder in Schulen inzwischen Masken tragen würden. Dadurch seien sicherlich einige Infektionen verhinderbar.

Die lokalen Behörden in Deutschland haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) am Dienstag 15.352 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages gemeldet. Am Dienstag vor einer Woche hatte die Zahl bei 11.409 gelegen. Mit 19.059 Neuinfektionen war am Samstag ein neuer Höchstwert seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland erreicht worden.

Mehr aus Gesundheit

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige