In Schwaben sitzt die wohl einzige Unternehmensberatung Deutschlands, bei der Mitarbeitende auch im Bundestag beschäftigt sind. Ruft man bei der Dr. Joachim Pfeiffer Consulting in Plüderhausen an, um einen Termin zu vereinbaren, landet man im Wahlkreisbüro des gleichnamigen Bundestagsabgeordneten der CDU. Dort meldet sich dann die Sekretärin des Parlamentariers und bestätigt im breitesten Schwäbisch "Joa, des isch die Nummer vom Büro."

Dieselbe Nummer, die zu den Nebengeschäften des Abgeordneten Joachim Pfeiffer führt, gibt er auch als Vorstand des CDU-Kreisverbandes an, für Anmeldungen zu Bürgersprechstunden oder für Parlamentsausflüge von Schulklassen nach Berlin. Zwei Firmen leitet das Mitglied des Deutschen Bundestags noch nebenbei, für beide findet man die Telefonnummer des Wahlkreisbüros bei Wirtschaftsauskunfteien und in Branchenbüchern im Internet. Die Firmen nutzen also die Infrastruktur, die mit Steuermitteln finanziert wird. 

Beide Unternehmen hat Pfeiffer erst nach seinem Einzug in das Parlament gegründet und beide leitet er als Geschäftsführer noch neben seinem Mandat: das Consulting-Unternehmen und die Maconso GmbH. Diese zweite Gesellschaft soll laut Handelsregister internationale "lmmobiliendienstleistungen" erbringen, Veranstaltungen organisieren, beratend tätig sein und Bücher herausgeben. Die andere Unternehmensberatung ist nicht einmal im Register eingetragen, auch eine Rechtsform ist nicht ersichtlich.

So freigiebig Joachim Pfeiffer mit der Verwendung des Abgeordnetenbüros für seine Nebentätigkeiten ist, so schmallippig wird er, wenn man ihn danach fragt. Auf 40 konkrete Nachfragen antwortete Pfeiffer nicht konkret. Nachdem die Antwortfrist verstrichen war, meldete sich jedoch Staranwalt Christian Schertz und widersprach, dass Joachim Pfeiffers Firmen die gleiche Telefonnummer wie das Wahlkreisbüro haben. Screenshots aus öffentlichen Registern, die ZEIT ONLINE vorliegen, belegen jedoch die Zuordnung der Nummern zu seinen Unternehmen.

"Pfeiffers Angaben der Nebeneinkünfte sind fehlerhaft"

Der CDU-Abgeordnete Pfeiffer ist eines von mehr als 200 Bundestagsmitgliedern, die in dieser Legislaturperiode einen bezahlten Nebenjob ausüben. Vor allem Unionsabgeordnete verdienen so nebenher nicht unerheblich dazu: Zwischen 14,7 und 27,8 Millionen Euro nahmen sie insgesamt durch Nebenjobs ein, seit das Parlament im Herbst 2017 zum ersten Mal zusammenkam. Das ist erlaubt. Wirtschaftlicher Sachverstand ist im Parlament wichtig und ein Malermeister sollte seine Firma wieder führen können, wenn er aus der Politik ausscheidet. Da kann es sinnvoll sein, ein Unternehmen neben dem Mandat weiterlaufen zu lassen.

Doch was, wenn ein Abgeordneter über ein Gesetz abstimmen soll, das die eigene Firma betrifft? Um solche Interessenkonflikte zu vermeiden, gibt es Verhaltensregeln für die Mitglieder des Bundestages: Nebeneinkünfte, hier entgeltliche Tätigkeiten und Beteiligungen an Gesellschaften, müssen weitgehend veröffentlicht werden. Das Abgeordnetengesetz schreibt vor, dass das Bundestagsmandat im Mittelpunkt stehen muss. Es ist umstritten, ob Abgeordnete Tätigkeiten neben ihrem Mandat ausführen sollten. Zivilgesellschaftliche Organisationen wie abgeordnetenwatch.de und LobbyControl kritisieren seit Jahren, dass durch die Nebeneinkünfte eine starke Nähe und ein privilegierter Zugang einiger Lobbyorganisationen und Unternehmen zur Politik entsteht.

Die Parlamentarier Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU) sollen ihre Nebenjobs in der Coronakrise sogar dazu genutzt haben, um sich selbst zu bereichern. Die sogenannte Maskenaffäre um die beiden erschüttert derzeit die Union. Der Vorwurf lautet: Nüßlein und Löbel sollen Masken und Corona-Schutzausrüstung an das Gesundheitsministerium vermittelt habe, für eine Provision von mehreren Hunderttausend Euro. Kurz nachdem der Spiegel zum ersten Mal darüber berichtet hatte, verließen beide die Unionsfraktion.

Ihnen folgte wenige Tage später Mark Hauptmann. Dem CDU-Politiker wird vorgeworfen, sich durch seine Verbindungen nach Aserbaidschan und Taiwan materielle Vorteile verschafft zu haben. Bis heute lehnt es Hauptmann ab, seine Nebeneinkünfte offenzulegen. Bei den Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg bezahlte die Union ihre mutmaßliche Korruptionsaffäre bereits mit Stimmverlusten. Doch noch immer nehmen nicht alle Abgeordneten die Transparenzpflicht für die Geschäfte neben dem Mandat ernst. 

Die Maconso GmbH greift nicht nur auf die Dienste der Wahlkreismitarbeiterin des CDU-Abgeordneten Joachim Pfeiffer zurück, sondern schweigt auch zu den Einkünften des Nebenbei-Unternehmers. Pfeiffer schlüsselt nicht auf, für wen seine Firma arbeitet und wie viel er im Nebenverdienst damit verdient. Nach den Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages müssen Abgeordnete, die als Gesellschafter an Unternehmen beteiligt sind, jedoch die Tätigkeiten für Dritte angeben, wenn der Abgeordnete bei der "Vertragserfüllung persönlich mitwirkt". Pfeiffer ist einziger Geschäftsführer der Firma und muss damit in jeden Auftrag involviert sein. An ihn fließen auch alle Unternehmensgewinne.

Laut Handelsregister belief sich die Bilanzsumme von Pfeiffers Beratungs-GmbH im letzten veröffentlichten Geschäftsjahr 2019 auf mehr als 1,4 Millionen Euro. Für frühere Jahre wird auch ein Gewinnvortrag ausgewiesen, 2016 waren das zum Beispiel fast 70.000 Euro. In anderen Jahren seit Pfeiffers Einzug in den Bundestag war die Summe jedoch geringer. "Wenn Joachim Pfeiffer an den Aufträgen mitgewirkt hat, dann ist seine derzeitige Angabe der Nebeneinkünfte fehlerhaft", sagt Ulrich Müller von LobbyControl. "Die Bundestagsverwaltung muss seine Angaben zügig überprüfen." Der lobbykritische Verein hat an diesem Dienstag eine Studie zum Wirtschaftsrat der CDU als mächtigem Lobbygremium veröffentlicht. Auch darin taucht Joachim Pfeiffer mit einem Verstoß gegen die Transparenzregeln des Bundestags auf.