Erfahrungsbericht: Kompression für Männer bei primärem Lymphödem

Bei Jürgen Jakob treten in der Pubertät das erste Mal Symptome eines Lymphödems auf. Im Interview berichtet er, dass er früher nicht gerne Kompressionsstrümpfe getragen hat. Heute lässt er sein Leben nicht mehr durch das Lymphödem bestimmen und geht offen damit um.

Erfahrungsbericht: Jürgen Jakob

„Kompression kann so vielseitig sein – auch für männliche Lymphödem-Betroffene!“

„Ich erinnere mich noch gut daran, dass mein Vater früher auch immer Kompressionsstrümpfe trug und seine Beine hochlagerte“, erzählt der 58-jährige Jürgen Jakob, der sein Lymphödem an beiden Beinen vermutlich von seinem Vater geerbt hat. In der Jugend medizinische Kompressionsstrümpfe zu tragen, daran denkt er nicht gerne zurück. Heute geht Jürgen Jakob offener mit der Kompression um – und zeigt auch mal Farbe, ganz aktuell als eines der Gesichter der neuen Trendfarben-Kampagne von medi.

Herr Jakob, bitte geben Sie uns einen kurzen Einblick: Wann ist Ihr primäres Lymphödem zum ersten Mal aufgetreten?

„In der Pubertät – ich kann mich noch genau daran erinnern, denn ich war in den Ferien bei meiner Oma auf dem Bauernhof, fühlte mich an einem Sommertag schlapp und bekam hohes Fieber und Schüttelfrost. Kurze Zeit später waren beide Beine ab dem Knie feuerrot, heiß und lagerten Wasser ein. Der Landarzt vor Ort war kein Spezialist – danach begann meine ,Reise‘ zu verschiedenen Ärzten, bis 1977 die Diagnose primäres Lymphödem gestellt wurde. Das war für mich erstmal ein großer Schock und ich wollte es anfangs nicht akzeptieren.“

Wie wird Ihre Krankheit heute therapiert?

„Oberstes Gebot: Kompression – sofort nach dem Aufstehen bis in den späten Abend. Anfangs trug ich Kompressionsklasse 2 – das reichte jedoch nicht, mittlerweile trage ich 3. Ich gehe zweimal wöchentlich zur Lymphdrainage und regelmäßig zum Schwimmen. Zwischendurch nutze ich auch den Lymphomaten (Gerät für zu Hause, das eine Lymphdrainage imitiert). Aufgrund eines Arbeitsunfalls hatte sich mein Krankheitszustand verschlechtert, weshalb seitdem in gewissen Abständen unter anderem auch Reha-Aufenthalte zu meinen Therapie-Bausteinen zählen – das ist Urlaub für die Beine! Hier trage ich von morgens bis abends einen Wickelverband, bewege mich viel und nutze die vielfältigen Bewegungsangebote wie Zumba, Nordic Walking und andere. Sport ist für mich auch im Alltag wichtig, um abzunehmen, denn Übergewicht kann das Lymphödem weiter begünstigen.“

Wie war es für Sie, in der Pubertät medizinische Kompressionsstrümpfe zu tragen?

„Ganz ehrlich: schrecklich! Vor allem der Sport- und Schwimmunterricht, bei dem man meine Beine sehen konnte, waren psychisch sehr belastend. Ich musste viele Hänseleien über mich ergehen lassen, die Folge: Ich zog mich immer mehr zurück. Mit 16 Jahren kam ich dann in die Feldbergklinik, eine Lymphklinik im Schwarzwald, in der ich mehrere Monate behandelt wurde!“

Wie hat sich Ihr Lymphödem seitdem entwickelt?

„Da es sich um eine chronische, fortschreitende Erkrankung handelt, ist es wichtig, den Istzustand so gut es geht zu erhalten. Für mich ist es ein Erfolg, wenn es nicht zu einer Verschlechterung kommt. Allerdings erkranke ich oft an stressbedingten Erysipelen – eine bakterielle Infektion der oberen Hautschicht und oberflächlichen Lymphgefäße. Dabei werden entweder ein Bein oder beide Beine rot und heiß, hinzu kommen Schüttelfrost, Fieber, angeschwollene und schmerzende Lymphknoten in der Leiste sowie eine enorme Abgeschlagenheit. Die Folge: Bettruhe, Penicillin-Tabletten und ein sofortiger Stopp der Lymphdrainage, damit sich die Entzündung nicht im Körper ausbreiten kann. Übrigens kann ein Erysipel auch durch Wunden, beispielsweise einen Mückenstich oder Risse in der Haut entstehen – eine optimale Hautpflege ist deswegen besonders wichtig.“

Hat sich Ihr Umgang mit der Erkrankung geändert?

„Ja! Ich lasse mein Leben heute nicht mehr von meinem Lymphödem bestimmen und bin beispielsweise in den letzten Jahren viel gereist – an meine Sehnsuchtsorte Thailand, China oder auf die Philippinen. Warme Länder am Meer sind meine Leidenschaft. Auch wenn man mit einem Lymphödem grundsätzlich warme Temperaturen möglichst meiden soll. Daher achte ich stets darauf, meine Beine zu bedecken. Mein Tipp für warme Tage: Kalte Duschen, um Schwellungen zu lindern oder medi fresh als Erfrischung für zwischendurch – die medizinischen Kompressionsstrümpfe lasse ich dabei an!“

Merken Sie dennoch Einschränkungen im Alltag?

„Ja, sogar einige – ich bin nicht so leistungsfähig, sowohl beim Sport als auch im Alltag. Langes Stehen oder längeres Laufen fällt mir schwer. Was mir hilft: Pausen und ein bewusster und guter Umgang mit meinem Körper. Ich bin zudem Vollzeit berufstätig und versuche alles so zu leisten wie meine Kollegen. Dabei startet nur meine Morgenroutine vermutlich anders: Nach der Dusche ziehe ich gleich meinen Kniestrumpf der Kompressionsklasse 3 an. Nach einem Autounfall 2011 breitete sich mein Lymphödem weiter über die Kniescheibe bis in den Oberschenkel aus, seitdem trage ich eine zusätzliche Stulpe (Kompressionsbeinstück), die ich überziehen kann.“

Sie tragen mediven 550* von medi – was gefällt Ihnen besonders gut?

„Das Material sitzt fest, fühlt sich aber dennoch leicht an. Das ist für mich besonders wichtig, denn ich trage Schuhgröße 46 ½, da kommt es beim Schuhkauf auf jeden Millimeter an, um etwas Passendes zu finden. Das Material muss viel aushalten, darf aber nicht einschnüren oder Schweißfüße fördern. Die mediven Produkte von medi haben mich mit ihrem Tragekomfort und ihrer hohen Qualität überzeugt, weshalb ich sie sehr gerne trage. Auch die Vielfalt an Farben und Mustern gefällt mir und macht mein Leben leichter!“

Sie sind eines der Gesichter der aktuellen Trendfarben-Kampagne – was hat Sie motiviert, mitzumachen?

„Ich möchte in der Öffentlichkeit noch mehr auf die Erkrankung Lymphödem aufmerksam machen – und Gleichgesinnte zum Austausch finden. Vor allem betroffene Männer sind teilweise noch zurückhaltend. Ich will ihnen als Teil der medi Kampagne zeigen, welche Möglichkeiten uns mit den vielfältigen Farben und Mustern offenstehen!“

medi Tipp: Schauen Sie sich auch nach örtlichen Selbsthilfegruppen und auf Social Media (z.B. Facebook oder Instagram) nach Gruppen oder Blogs anderer Patient:innen um.

Verraten Sie uns Ihre aktuellen Lieblingsfarben und -muster?

„Selbstverständlich! Ich freue mich schon auf den neuen Braunton Kastanie. Ansonsten trage ich gerne dunkle Töne wie Schwarz oder Dunkelblau, aber auch hellere, fröhliche Farben muntern meinen Alltag auf. Die verschiedenen Muster wie Stripes, Dots oder Nature sehen edel aus und individualisieren das eigene Outfit. Wirklich toll, dass medi eine so große Auswahl bietet!“

Ihre Diagnose bekamen Sie vor über 45 Jahren: Was hat sich seitdem, insbesondere bei Männern, im Umgang mit einem Lymphödem verändert?

„Ich versuche bei Reha-Aufenthalten, Kontakte zu anderen männlichen Betroffenen zu knüpfen. Dabei fällt mir auf, dass sich nur wenige mit der Krankheit so intensiv beschäftigen wie ich. Über das Thema medizinische Kompressionsstrümpfe wird unter Männern oftmals geschwiegen. Das verstehe ich nicht, denn die Strümpfe sind mittlerweile so modern geworden. Sie bieten durch die vielen Farben und Varianten tolle Möglichkeiten, mit denen ich auch als Mann Mode mit meiner chronischen Erkrankung ganz einfach kombinieren kann. Dabei heißt es: Farbe bekennen. Selbst der medi Evergreen ,Magenta‘ ist als herausblitzender Farbstreifen zwischen Hosenbein und einem Business-Schuh ein echter Hingucker – nicht nur bei Frauen!“

Und wie sieht es mit kurzen Hosen und medizinischer Kompression im Sommer aus?

„Das fällt mir ehrlich gesagt bisher schwer. Ich schaffe es noch nicht, kurze Hosen oder Bermudas zu tragen und wünsche mir in dieser Zeit manchmal ,normale Beine‘. Auch wenn ich größtenteils sehr offen mit meinem Lymphödem umgehe, ist das ein langer Prozess! Viele betroffene Frauen sind schon einen selbstbewussten Schritt weiter – das bewundere ich! Ganz wichtig ist für mich deswegen der Austausch, um zu erfahren, wie andere Betroffene mit der Erkrankung und der Versorgung umgehen.“

Ist der Austausch auch ein Tipp an andere (männliche) Lymphödem-Patienten?

„Definitiv! Die Kommunikation hilft, um Erfahrungen zu teilen. Es ist nicht immer einfach, die Erkrankung anzunehmen – ein vertrauensvolles Experten-Gespräch mit einem Arzt oder Psychotherapeuten kann ebenfalls weiterhelfen. Ein weiterer Tipp: Nutzt Reha-Angebote oder Förderungen am Arbeitsplatz. Doch ganz wichtig ist es, mit sich selbst im Reinen zu sein und weiterhin das Schöne im Leben zu sehen!“

Vielen Dank, Herr Jakob, für das offene und sympathische Interview!

 

*Zweckbestimmung:

mediven® 550 Bein:
Beinkompressionsstück: Flachgestrickte medizinische Kompressionsversorgung zur Kompression der unteren Extremitäten, hauptsächlich bei der Behandlung von Erkrankungen des Lymphgefäßsystems.