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Afghanistan: Unterdrückung durch Taliban, Hunger nimmt zu

Drastische Einschränkung der Frauenrechte; vermehrt Gräueltaten durch den IS

Frauen und Kinder in Not vor einer Bäckerei in Kabul, Afghanistan, 28. Februar 2022. © 2022 Teun Voeten/Sipa USA via AP Images

(Jakarta) – Die Taliban haben seit ihrer Machtübernahme im August 2021 Regeln und politische Maßnahmen eingeführt und durchgesetzt, die Frauen und Mädchen ihre Grundrechte verweigern und die Meinungsfreiheit unterdrücken, so Human Rights Watch heute in seinem World Report 2023. Die umfassende Missachtung von Menschenrechten durch die Taliban hat zu ihrer weltweiten Isolation beigetragen, die wirtschaftliche und humanitäre Krise in Afghanistan verschärfte sich.

Im März 2022 brachen die Taliban endgültig ihr Versprechen, weiterführende Schulen für Mädchen wieder zu öffnen. Die meisten dieser Schule waren nach der Machtübernahme geschlossen worden. Die Sicherheitskräfte der Taliban lösten Proteste von Frauen gewaltsam auf und nahmen zahlreiche Demonstrierende fest. Die Behörden kündigten außerdem Vorschriften an, wonach Frauen, einschließlich Fernsehmoderatorinnen, in der Öffentlichkeit ihr Gesicht verhüllen müssen und männliche Familienmitglieder bestraft werden, wenn Frauen gegen Bewegungs- und Kleidervorschriften verstoßen.

„Die Taliban sind mehr an der Verfolgung von Frauen und der Inhaftierung von Journalist*innen interessiert als an der Bewältigung der wirtschaftlichen und humanitären Krise in Afghanistan“, sagte Fereshta Abbasi, Afghanistan-Forscherin bei Human Rights Watch. „Die Taliban-Behörden sollten ihren internationalen rechtlichen Verpflichtungen nachkommen und Frauen und Mädchen erlauben, zu lernen, zu arbeiten und sich frei zu bewegen.

In dem 712-seitigen World Report 2023, der 33. Ausgabe, beschreibt Human Rights Watch die Lage der Menschenrechte in fast 100 Ländern. In ihrem einleitenden Essay erklärt Interim-Exekutivdirektorin Tirana Hassan, dass es in einer Welt, in der sich die Machtverhältnisse verschoben haben, nicht mehr möglich ist, sich bei der Verteidigung der Menschenrechte auf eine kleine Gruppe von Regierungen größtenteils aus dem Globalen Norden zu verlassen. Die weltweiten Aktionen rund um die Ukraine erinnern uns an das außerordentliche Potenzial, das entsteht, wenn Regierungen ihre Menschenrechtsverpflichtungen auf globaler Ebene wahrnehmen. Es liegt in der Verantwortung der einzelnen Länder, ob groß oder klein, ihre Politik an den Menschenrechten auszurichten und sich gemeinsam für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte einzusetzen. 

Über das gesamte Jahr 2022 verhafteten die Sicherheitskräfte der Taliban Journalist*innen und Personen, die Kritik an den Taliban in den sozialen Medien veröffentlichten. Die Taliban ließen ehemalige Sicherheitskräfte der Regierung sowie mutmaßliche Kämpfer und Unterstützer der bewaffneten Gruppe Islamischer Staat in der Provinz Khorasan (ISKP) gewaltsam verschwinden. Im April fanden Bewohner der Provinz Nangahar immer wieder Leichen, bei denen es sich vermutlich um ISKP-Häftlinge handelte, die von den Taliban heimlich hingerichtet worden waren. Taliban-Kräfte verprügelten und verhafteten Anwohner, die beschuldigt wurden, die bewaffneten Kräfte der Opposition zu unterstützen, und richteten in einigen Fällen Gefangene kurzerhand hin.

Die massive Wirtschaftskrise Afghanistans setzte sich 2022 fort und wurde durch drastische Kürzungen der Geberhilfen, eine anhaltende Liquiditätskrise, steigende Preise für Lebensmittel und andere lebenswichtige Güter sowie durch Beschränkungen des Bankensektors durch ausländische Regierungen verschärft. Millionen Kinder waren akut unterernährt. Mehr als 90 Prozent der afghanischen Bevölkerung waren das ganze Jahr über von Ernährungsunsicherheit betroffen. Frauen und Mädchen litten aufgrund der von den Taliban verhängten Arbeits- und Bewegungsfreiheitsbeschränkungen besonders stark unter der Wirtschaftskrise.

ISKP-Kämpfer verübten Selbstmordattentate auf Hazaras und andere religiöse Minderheiten, bei denen Hunderte Menschen getötet und verletzt wurden.

In Kandahar veranlasste die Entdeckung von mindestens zwei Massengräbern, die vermutlich aus der Zeit vor der Machtübernahme durch die Taliban stammen, Menschenrechtsaktivist*innen dazu, forensische Untersuchungen zu früheren Menschenrechtsverletzungen zu fordern, die jedoch bis zum Jahresende noch nicht stattgefunden hatten.

Am 31. Oktober gaben die Richter*innen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) bekannt, dass die seit langem aufgeschobenen Ermittlungen der Anklagebehörde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in Afghanistan wieder aufgenommen werden können, da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die afghanischen Behörden ernsthafte Verfahren durchgeführt haben oder durchführen werden, und das Mandat des IStGH somit bestehen bleibt.

 

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