NotifyMe: Schweizer App meldet Corona-Infektionen an Event-Teilnehmer

"NotifyMe" benachrichtigt Nutzer in der Schweiz, wenn sie an einer Veranstaltung teilgenommen haben, auf der eine positiv getestete Person anwesend war.

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(Bild: View Apart / Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Tom Sperlich
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In der Schweiz öffneten Anfang März bereits wieder die Einzelhandelsgeschäfte, inklusive Warteschlangen. Die Corona-Warn- und -Tracing-App ("Swiss Covid") alarmiert anonym, wenn eine infizierte Person für 15 Minuten weniger als 1,5 Meter entfernt war. Durch die Verteilung von Aerosolen, vor allem in geschlossenen Räumen, ist es deshalb sinnvoll, so schnell wie möglich alle Leute zu warnen, die sich in einem Raum zusammen mit einer infizierten Person befanden – auch wenn man ihr für eine Meldung durch die "Proximity Tracing App" nicht nahe genug war.

Bei der Unterbrechung von Infektionsketten will jetzt die App "NotifyMe" mithelfen. Die App basiert auf "CrowdNotifier", einem Protokoll, dass Wissenschaftler in einem internationalen Projekt, die auch am DP3T-Konsortium beteiligt waren, Ende vergangenen Jahres zu entwickeln begannen, unter dem Motto "Decentralized Privacy-Preserving Presence Tracing". Vor wenigen Tagen wurde nun NotifyMe vom Zürcher Softwareentwickler Ubique Innovation und der EPFL (Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne) veröffentlicht.

Die Erfassung von Kontaktdaten beim Besuch von frequentierten Orten, auch "Check-in" genannt – sei's mit einer Zettelwirtschaft oder modern via App – wurde in der Pandemiezeit hinlänglich bekannt und ist vorgeschrieben. Stets sind dabei eine Angabe des Namens und der Telefonnummer vorgesehen, was häufig hintergangen wird, oder aber die bisherigen Apps speichern die erfassten Daten zentral für eine allfällige Kontaktnachverfolgung.

Das alles ist bei NotifyMe nicht der Fall. Die App zeichnet keinerlei persönliche Daten auf und verwendet weder Bluetooth noch GPS. NotifyMe ist außerdem ein Open-Source-Projekt; der Quellcode ist auf GitHub zu finden (für iOS und für Anroid).

Bei dieser Anwendung erstellt zunächst der Veranstalter auf der NotifyMe-Website zwei QR-Codes: zum einen den "Public QR-Code", den die Teilnehmenden beim Ankommen einscannen ("Check-in") und erneut, wenn sie den Ort verlassen ("Check-out"). Eine passwortgeschützte Liste dieser Check-ins ("Tagebucheinträge" über Ort und Zeit) bleibt 14 Tage lokal auf dem Handy gespeichert und wird an keinen Zentralserver transferiert. Die Anzeige der Einträge kann auch vor Ablauf der zwei Wochen entfernt werden, ohne dass dadurch auf eventuelle Benachrichtigungen verzichtet werden muss.

Das Scannen des QR-Codes generiert daneben eine verschlüsselte ID, die ebenfalls lokal abgespeichert wird. Auf der NotifyMe-Website wird außerdem ein zweiter, "privater" QR-Code für den Veranstalter erzeugt, welcher bei diesem verbleibt (ein direkt generiertes PDF kann ausgedruckt oder abgespeichert werden).

Wird einer der Teilnehmer eines Events positiv auf Corona getestet, kann dieser oder die Contact-Tracer der Gesundheitsbehörden den Gastgeber benachrichtigen. Dafür muss kein Teilnehmername bekannt gegeben werden. Diesen braucht der Veranstalter auch nicht, er scannt dann nämlich lediglich seinen "privaten" QR-Code ein, woraufhin ein Entschlüsselungs-Schlüssel ("decryption key") zusammen mit der für das Infektionsrisiko relevanten Zeitspanne auf einem Server der Gesundheitsbehörden veröffentlicht wird.

Die NotifyMe-App vergleicht alle zwei Stunden die Liste der veröffentlichten Schlüssel mit den auf dem Smartphone gespeicherten verschlüsselten IDs. Falls eine Übereinstimmung festgestellt wird und sowohl der Schlüssel als auch die Zeitspanne zu einem der Einträge passt, erhält jeder Besucher der Veranstaltung eine Benachrichtigung hinsichtlich des Risikos einer eventuellen Infektion.

NotifyMe ist zunächst als Ergänzung zur SwissCovid-App konzipiert, künftig könnte NotifyMe auch als Upgrade in die SwissCovid-App integriert werden, so die EPFL. An der Hochschule selbst wird NotifyMe in einem Pilotprojekt seit Mitte Januar ausgiebig getestet. Nun ist die kostenlose App im App Store (ab iOS 10.0) und auf Google Play (für Android ab 6.0) erhältlich.

(bme)