Gesunde Knochen durch körperliche Aktivität

  • Hélène Joubert
  • Medizinische Nachrichten
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Am 20. Januar fand der 36. Scientific Day der Osteoporosis Research and Information Group (GRIO) in Paris statt. Dies stellte eine Gelegenheit dar, die Menschen daran zu erinnern, dass körperliche Aktivität einen signifikanten Einfluss auf den Aufbau und den Erhalt der Knochenmasse hat. Wir alle kennen die Aufrufe der Gesundheitsbehörden zu regelmäßiger körperlicher Aktivität und deren Vorteile. Aber was wissen wir im Jahr 2023 über die Rolle, die regelmäßige körperliche Aktivität für unsere Knochengesundheit spielt?

Dr. Laurence Vico vom French National Institute of Health and Medical Research (INSERM) präsentierteauf der VEranstaltung einen Überblick über die Osteoporose-Therapie ohne Medikamente.

Sport und Osteogenese

Einige Sportarten sind für die Knochen besser als andere. Körperliche Aktivitäten sind mit bestimmten, auf den Knochen einwirkenden Kräften verbunden. Beispiele sind das Gewichtheben (3- bis 7-faches Körpergewicht), Springen (2- bis 8-faches Körpergewicht), Laufen (1,5- bis 3-faches Körpergewicht) und Gehen (1-faches Körpergewicht). Diese mechanischen Belastungen stimulieren die Osteoblasten und fördern so den Knochenumbau.

Im Gegensatz dazu sind Sportarten ohne Stoßbelastung – zum Beispiel Radfahren und Schwimmen – weniger osteogen und daher wesentlich weniger vorteilhaft für die Knochenbildung. Also nichts Neues hier – außer dass die neuesten wissenschaftlichen Daten nicht so eindeutig sind. Sie zeigen, dass bei Schwimmern, insbesondere in deren oberen Gliedmaßen, eine Zunahme der Knochenmasse auftreten kann.

Das Interesse der Forscher richtete sich besonders auf Sportarten wie Tennis und Baseball, bei denen ein Arm oder ein Bein stärker belastet ist als der/das andere. Der Grund dafür ist, dass die weniger aktive Gliedmaße als interne Kontrolle für die aktivere Gliedmaße genutzt werden kann. Darüber hinaus wurden bei Tennisspielern im Bereich der Kortikalis des Humerus Differenzen der Knochendichte zwischen den beiden Seiten festgestellt.

Pädiatrische Osteoporose

Körperliche Aktivität im Jugendalter erhöht die Wahrscheinlichkeit, später im Leben gesündere Knochen zu haben. Angesichts biomechanischer Studien macht dies Sinn. „Sie deuten alle in dieselbe Richtung“, sagte Vico. Intensive körperliche Betätigung während der peripubertären Phase bietet einen dauerhaften Nutzen im Hinblick auf die geometrischen Knochenparameter. Eine Computersimulation des Knochenumbauprozesses hat ergeben, dass sich der Beginn der Osteoporose um 13 Jahre verzögert, wenn die flächenbezogene Knochenmineraldichte bei jungen Erwachsenen 10 % über dem Mittelwert liegt.

Die Vorpubertät und die frühen Stadien der Pubertät stellen die Phasen dar, die heute als das Gelegenheitsfenster betrachtet werden, um die maximale Knochenmasse zu erhöhen. Es ist jedoch bekannt, dass die Knochengröße wichtiger ist als die Knochenmineraldichte (KMD).

In den meisten verfügbaren Studien geht es jedoch immer noch um die KMD. Beispielsweise wurde eine Metaanalyse von 22 Studien mit Kindern und Jugendlichen durchgeführt, die alle Tanner-Stadien (Stadium 1 bis Stadium 4) repräsentieren. Die Bewegungsinterventionen umfassten Spiele, Tanz, Widerstandstraining und Sprungübungen. Alle Studien mit frühpubertären Kindern, sechs mit präpubertären Kindern und zwei mit pubertären Kindern berichteten über positive Auswirkungen der Bewegung auf die Knochen. Im Vergleich zu Kontrollpersonen betrug die mittlere Zunahme der Knochenparameter bei präpubertären Kindern über 6 Monate 0,9–4,9 %, bei frühpubertären Kindern 1,1–5,5 % und bei pubertären Kindern 0,3–1,9 % (p < 0,05).

Eine frühere Studie mit Tennis- und Squashspielerinnen zeigte, dass körperliche Aktivität in den Jahren der Pubertät für die Maximierung der Knochenmasse wesentlich ist. Auch wenn das Potenzial für eine bewegungsinduzierte Knochenzunahme bei Erwachsenen generell besteht, ist der Nutzen bei Frauen etwa doppelt so hoch, wenn sie ihr Training während oder vor der Menarche beginnen (Seitendifferenz des Humerus: 17–24 %) als nach der Menarche (8–14 %).

Knochen im Verlauf der Zeit

Weitere Belege für den Nutzen der Bewegung für die Knochengesundheit deuten darauf hin, dass das Ausüben eines Sports über einen langen Zeitraum hinweg dazu beiträgt, die KMD in späteren Jahren zu erhöhen.

Eine retrospektive Studie zielte beispielsweise darauf ab, die langfristige Wirkung der Bewegung auf die KMD, den Knochenmineralgehalt (KMG) und die Körperzusammensetzung bei 48 postmenopausalen Frauen (54–73 Jahre) zu bestimmen. Die Hälfte (24) der Frauen waren in ihrer Jugend Spitzensportlerinnen gewesen. Alle wiesen eine lange (> 20 Jahre) Trainings- und Leistungsgeschichte auf. Eine Hälfte bestand aus Schwimmerinnen und die andere Hälfte aus Läuferinnen. Sie wurden mit 24 bewegungsarmen Kontrollpersonen abgeglichen. Zum Zeitpunkt dieser Studie bestanden zwischen den Sportlerinnen und den Kontrollpersonen keine signifikanten Unterschiede in den Aktivitätsniveaus.

KMD und KMG unterschieden sich zwischen den Sportlerinnen nicht signifikant, waren jedoch bei den Sportlerinnen signifikant höher als bei den Kontrollpersonen. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass körperliche Aktivität während der Jugend eine positive Wirkung auf die Knochenmasse zu haben scheint und dazu beiträgt, altersbedingten Knochenverlust zu verhindern.

Knochen-Mikroarchitektur

Heute ist klar, dass die Mikroarchitektur der trabekulären und kortikalen Knochenanteile durch die mechanische Beanspruchung bei körperlicher Betätigung verstärkt wird, allerdings auf unterschiedliche Art und Weise. „Die Ergebnisse einer im Jahr 2020 veröffentlichten Studie stützen die früheren Ergebnisse und zeigen, dass sich diese beiden Knochenarten – trabekulär und kortikal – nicht auf die gleiche Weise verhalten“, erklärte Vico.

„Diese Forscher stellten fest, dass, im Vergleich zu den Kontrollpersonen, die trabekuläre KMD bei allen Athleten höher ist, unabhängig vom ausgeführten Sport – in diesem Fall Cricket, Laufen, Schwimmen und Hockey. Zwischen verschiedenen Sportartengruppen gibt es keine ernstzunehmenden Unterschiede. Das gilt aber nicht in Bezug auf die Kortikalis“, erklärte Vico. „Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass eine Hypertrophie der Kortikalis im Mittelschaft mit Stoßbelastungen verbunden ist, während die trabekuläre KMD positiv mit Stoß- und Nicht-Stoßbelastungen assoziiert ist. Das heißt, je nach Knochenkompartiment sind die Anpassungen unterschiedlich ... Für kortikale Knochenanteile sind eher diskontinuierliche als kontinuierliche Stoßbelastungen erforderlich, aus ungewöhnlichen Richtungen und mit ausreichender Kraft, um einen Reiz zu erzeugen. Was die trabekulären Knochenanteile betrifft, wissen wir immer noch nicht, welche Art von Signal die Knochenzellen, insbesondere die Osteoblasten, erreichen und stimulieren kann“.

Hinsichtlich der Anpassung der Knochen bei Sportlern, die ihre sportlichen Aktivitäten einstellen oder fortsetzen, ergab eine Studie mit Baseball-Pitchern, dass das dichtegewichtete polare Flächenträgheitsmoment (das die Torsionsfestigkeit eines Knochens angibt) und die Dicke der Kortikalis auf der Ebene des Humerus bei ihren Sport fortsetzenden Pitchern größer waren als bei ehemaligen Pitchern. Hingegen gab es bei allem, was den trabekulären Knochenanteil und sogar die KMG betraf, keine nennenswerten Unterschiede.

„Aufgrund einer unterschiedlichen Dicke der Kortikalis profitieren diejenigen, die ihren Sport fortsetzen, von den biomechanischen Eigenschaften“, sagte Vico. „Es sollte auch beachtet werden, dass die Bruchfestigkeit des Knochens umso höher ist, je stärker diese Eigenschaften entwickelt sind. Daher stellt sich heraus, dass die KMD, die bisher immer in den Mittelpunkt gestellt wurde, nicht ausreichend ist, um die Anpassung des Knochens an mechanische Reize zu beurteilen“.

 

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf  der französischen Ausgabe von Medscape.