Jedes Jahr wechseln allein in Deutschland laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) rund sieben Millionen Gebrauchtwagen den Besitzer. Die Preise sind dabei durch Corona-bedingte Lieferengpässe der Automobilhersteller in den vergangenen 18 Monaten deutlich nach oben gerutscht. Nach Analysen der DAT (Deutsche Automobil Treuhand) stiegen allein im vergangenen Jahr die Gebrauchtwagenpreise um knapp sieben Prozent. Nach Einschätzung der Marktexperten hat sich an dieser Entwicklung auch 2022 nicht viel geändert. Der Markt hat sich klar zu Gunsten der Verkäufer entwickelt. Und so ist es nicht verwunderlich, dass viele Besitzer „überschüssiger“ Fahrzeuge von diesem aktuell anhaltenden Trend profitieren möchten.

Längst haben sich bei Privatanbietern Online-Plattformen wie mobile.de oder autoscout24 etabliert, denn sie bieten Verkäufern und Käufern die Möglichkeit regional- oder deutschlandweit Fahrzeuge anzubieten bzw. zu kaufen. Ein weiterer Vorteil: Die Anzeigen sind bis zu einem bestimmten Verkaufspreis standardmäßig kostenlos.

Doch wo viel Geld umgesetzt wird, versuchen auch Betrüger, unseriöse Händler und Online-Kriminelle ein Stück vom großen Kuchen abzubekommen. Ich habe den Selbstversuch gemacht und ein gebrauchtes Auto auf mobile.de angeboten und in kürzester Zeit auch erfolgreich verkauft. Einen Auszug meiner Erfahrung mit dubiosen Anfragen und meine Tipps zum KFZ-Verkauf habe ich hier zusammengefasst.

Der Selbstversuch beginnt

Innerhalb von weniger als einer Woche kam es zu einer zweistelligen Anzahl von Kontaktaufnahmen durch potenzielle Kaufinteressenten. Bewusst habe ich in der Anzeige darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um einen Privatverkauf unter Ausschluss der gesetzlichen Gewährleistungspflicht handelt. Einen Verkauf an gewerbliche Anbieter habe ich im Inserat als nicht gewünscht hervorgehoben. Die Bilder des Fahrzeugs ließen keinen Rückschluss auf den Standort zu – die Kennzeichen hatte ich zuvor selbstverständlich per Fotobearbeitung unkenntlich gemacht.

Der Trick mit der E-Mail

Bereits nach ein paar Stunden Zeit erhielt ich die ersten fragwürdigen Kontaktaufnahmen. Allen gemeinsam war es, mich dazu zu bewegen, den anonymisierten und abgesicherten Kommunikationskanal der Online-Verkaufsplattform zu umgehen. Viele der E-Mails vermeintlicher privater Interessenten hatten den gleichen Text – nur unterschiedliche GMX- oder Gmail-Absenderadressen.
Ein angeblicher Händler aus München trieb es dabei auf die Spitze und ließ nicht locker. Mit vorgefertigten Textbausteinen versuchte er mich immer wieder zu einer direkten Kontaktaufnahme via E-Mail zu bewegen. Auf Rückfragen von mir wurde kaum eingegangen.

Hier ein Auszug der Konversation:

Kontaktaufnahme:

Guten Tag,

wir haben Interesse an Ihrem Auto und möchten es gerne ankaufen. Wir sind davon überzeugt, dass wir auf dem gemeinsamen Nenner kommen werden.

Melden Sie sich bitte unter der Rufnummer 089 – 2XXXXXXX
Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen

Meine Rückfrage:

Von welcher Firma sind Sie denn?

Seine Antwort:

Guten Tag, vielen Dank für Ihre Nachricht. Gerne möchten wir Ihnen nähere Informationen zu unserem System mitteilen. Doch leider ist es uns vorab nicht möglich einen Preisvorschlag abzugeben. Möchten Sie jedoch den tatsächlichen Wert wissen, buchen Sie einen kostenfreien Termin mit unserem Gutachter aus Ihrer Umgebung. Zunächst können Sie Ihr Fahrzeug auch online bewerten lassen. Dieser Vorgang ist absolut kostenlos für Sie und Sie sehen direkt einen Richtpreis. Lassen Sie uns dazu bitte Ihre Mail-Adresse und/oder Ihre Telefonnummer zukommen, unter der Sie am besten zu erreichen sind. […]

Etwas Spaß musste einfach sein

(In meiner Antwort erhöhte ich den Preis um mehr als 1.000 Euro. Wie würde er reagieren – oder war es, wie ich vermutete ein Robot?)

Guten Tag, schlagen Sie schnell zu bevor der Preis weiter steigt. Aktuell sind es nur 6.100 Euro.

Die Antwort:

Guten Tag, hiermit möchten wir uns für Ihre Rückmeldung bedanken. Wir bieten Ihnen die Möglichkeit an, Ihr Fahrzeug kostenfrei bewerten zu lassen. Damit wir Ihnen den diesbezüglichen Informationslink senden können, benötigen wir Ihre E-Mail-Adresse. Ihre Kontaktdaten können Sie uns gerne zukommen lassen. Nachdem Sie über den Link unser Bewertungsformular ausgefüllt haben, werden Sie einen durchschnittlichen Online-Wert Ihres Fahrzeuges sehen. Dieser ist jedoch nicht der endgültige Ankaufpreis. Um ein realistischeres Angebot zu erfahren, buchen Sie bitte einen Termin bei einer unseren Ankaufstellen aus Ihrer Umgebung. Somit wird das Fahrzeug professionell bewertet und Ihnen ein passendes Angebot genannt.

Mit freundlichen Grüßen F.

Quelle: Screenshot

Fazit und Tipp

Es war klar, der Bot verstand keinen Spaß, sondern versuchte einfach mit seinem eingeschränkten Repertoire an meine E-Mail-Adresse und Telefonnummer zu gelangen.

Auf keinen Fall sollten Sie hier die gesicherte Kommunikationsmöglichkeit der Verkaufsplattform verlassen und mit Ihrer echten E-Mail-Adresse antworten – oder noch schlimmer: Geben Sie bei derartigen Anfragen auf keinen Fall Ihre Handy-Nummer weiter. Die Folgen sind nicht selten ein wochenlanger Telefonterror und ein mit Spam-Mails überflutetes Postfach. Löschen Sie derartige Kontaktanfragen, bei denen der Händler sich nicht komplett zu erkennen gibt. Das ist meistens ein klares Anzeichen für ein unseriöses Unternehmen.

Aufpassen sollten Sie zudem bei ungewöhnlichen Telefonnummern bzw. ausländischen Rufnummern. Nicht selten verbergen sich dahinter sehr kostspielige Rufnummern, bei denen problemlos pro Anruf hohe Telefongebühren entstehen können.

Beliebte Masche: Auf die Tränendrüse drücken

Die Reichweite meiner Anzeige wurde vom Plattformanbieter kostenlos mittels Spiegelung des Inserats auf ebay Kleinanzeigen erhöht. Leider erhöhten sich damit auch die Kontaktanfragen fragwürdiger Interessenten.

Einige unseriöse Autohändler versuchten immer wieder mit erfundenen Geschichten und Schicksalsschlägen auf die Tränendrüse zu drücken, um so an meine Telefonnummer zu gelangen oder den Kaufpreis zu reduzieren.

Lassen Sie sich hier nicht beirren und löschen Sie diese Anfragen konsequent. Antworten Sie auf keinen Fall mit Ihrer echten E-Mail-Adresse, denn damit haben Sie diese für mögliche Spammer als echt verifiziert.

Auszug einer Fake-Anfrage (Originaltext)

Hallo mein Name ist Marco,

ich hoffe ich melde mich nicht zu spät :/ da ich zur Zeit 23 bin und studiere würde ich ihnen gerne 3500 in bar anbieten die ich auf die seite legen konnte .

Ich hoffe sie verstehen das im Moment als Student eine reine Katastrophe ist nebenbei Arbeit zu finden und ich wirklich lange gebraucht habe um überhaupt was beiseite zu schaffen .... Deshalb hoffe ich, das sie dieses Angebot nicht als unverschämt ansehen, doch das ist wirklich alles was ich im Moment für ein Auto ausgeben kann. ..... Aber es wäre echt mein absoluter Traum zudem bräuchte ich unbedingt etwas was mich noch jahrelang sicher von a nach b bring :) Sollte das ihrerseits irgendwie vereinbar sein mit dem was sie sich vorgestellt haben, dann hätten sie jetzt schon einen überglücklichen Abnehmer gefunden den Wagen gut behandelt und mit Freuden fährt 💪🏻

 MFG Marco

 PS. ich rufe sie gerne an sollten sie damit einverstanden sein so könnte man alles weiter klären :) ansonsten möchte ich ihre Zeit und Nerven nicht unnötig in Anspruch nehmen. Ich würde natürlich vor nicht im entferntesten auf die Idee kommen nochmal über den Preis zu sprechen aber wie gesagt das Auto wäre einfach perfekt für meine Lebenssituationen und eine absolute Bereicherung und deshalb wollte ich einfach mal mein Glück versuchen

Mit freundlichen Grüßen Marco D[…]

PS komme leider von weiter Entfernung aber könnte ihn umgehend holen wenn sie mögen

+++ Diese Anfrage erfolgte über eBay Kleinanzeigen. +++“

Quelle: Screenshot

Auch hier gilt: Löschen Sie diese Geschichten und antworten Sie einfach nicht.

Das sollten Verkäufer unbedingt beachten:

  • Nutzen Sie die Kommunikationskanäle der Anbieter und geben Sie Ihre private E-Mail-Adresse nicht an Interessenten weiter. Lassen Sie sich nicht überreden, direkt über Ihre private E-Mail-Adresse zu kommunizieren, denn diese verifizierten E-Mail-Adressen werden nicht selten als Massenware an Spammer weiterverkauft.
  • Richten Sie für den Verkauf eine eigene E-Mail-Adresse ein – so gehen Sie in Sachen Spammer auf Nummer sicher.
  • Geben Sie im Inserat und bei den Verkaufsverhandlungen keine persönlichen Daten preis und schwärzen Sie auf dem Foto das Kennzeichen des Autos. So vermeiden Sie beispielsweise, dass Betrüger die Informationen beispielsweise für einen Versicherungsbetrug missbrauchen.
  • Wer nervige Anrufe durch unseriöse Käufer vermeiden möchte, sollte entweder keine Telefonnummer angeben oder sich eine Prepaid-Telefonkarte zulegen. So vermeiden Sie „letzter Preis“ Anrufe um Mitternacht und Sie müssen sich nicht um eine neue Telefonnummer kümmern, um den Drückerkolonnen der unseriösen Autohändler zu entgehen.
  • Keine Zahlung per Vorkasse, Bargeldtransfer- oder Treuhandservice: Hierdurch haben Sie auch bei einer geringen Anzahlung einen Vertrag abgeschlossen. Folgen Sie dem Grundsatz: Ware nur gegen Bargeld bei Abholung.
  • Beherzigen Sie bei der Erstellung Ihrer Anzeige die Informationen der Plattformanbieter. Hierdurch vermeiden Sie Kardinalfehler, wie die Gewährleistung bei Privatverkäufen von PKWs auszuschließen.
  • Nutzen Sie die Musterverträge der Plattformanbieter oder der großen Automobilclubs, so vergessen Verkäufer nichts Wichtiges. Denn: Wer ist schon Profi im Vertrags- und Haftungsrecht bei Gebrauchtwagen. Der ADAC und andere Automobilclubs bieten kostenlose Musterverträge für Verkäufer und Käufer an.

Weiterführende Informationen und andere Maschen der Betrüger

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