Service für Eigentümer: Mustervertrag und Checkliste

Flüchtlinge aufnehmen: Unsicherheiten mit dem Mietrecht verhindern Unterbringung

Viele Eigentümer wollen Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen. IMMO.info liegen jedoch Fälle vor, bei denen Eigentümer aufgrund rechtlicher Risiken leerstehenden Wohnraum ukrainischen Geflüchteten nicht überlassen. Sie würden gerne helfen, sind sich aber unsicher, welche Risiken eine unentgeltliche Überlassung bedeutet und ob die Befristung im deutschen Mietrecht wirksam ist. IMMO.info hat dazu mit Stefan Schmid, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, gesprochen. Außerdem werden ein kostenloser Mustervertrag und Checkliste zur Verfügung gestellt, um Flüchtlingen die unentgeltliche Unterbringung zu ermöglichen. Update am 12. Februar 2024

Autor: TV Redaktion und Experten | Zuletzt geändert: 13.02.2024
Zuletzt geändert: 13.02.2024
Flüchtlinge aufnehmen Mietvertrag Muster Ukraine Mietrecht
Experte Stefan Schmid, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Interview mit
Stefan Schmid, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Die Vereinten Nationen (UNHCR ) schätzen die Anzahl der Menschen, die seit dem 24. Februar 2022 aus der Ukraine geflüchtet sind, auf knapp sechs Millionen. In Deutschland wurde die Marke von einer Million Flüchtlinge überschritten, die durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF ) registriert wurden. Die Schätzungen gehen von deutlich mehr aus. 173.000 Schüler werden inzwischen in deutschen Schulen unterrichtet. Seit dem zweiten Weltkrieg gibt es keine vergleichbar schnell wachsende Anzahl an Geflüchteten.

Verlängerung bis 4. März 2025: Die Aufenthaltserlaubnis ist vorerst unproblematisch

Ukraine Flüchtlinge Reisepass Visum Aufenthaltsrecht Mietvertrag

Ein ukrainischer Reisepass reicht vorerst aus. Trotzdem wird ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis empfohlen.

Kein Hindernis für die Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen stellt - zumindest kurzfristig - die Aufenthaltserlaubnis dar. Ein Visum ist nicht erforderlich und das Bundesinnenministerium hat eine Verordnung  erlassen, die ukrainische Flüchtlinge von dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit. Im November 2023 hat der deutsche Bundesrat beschlossen , die sogenannte Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung (UkraineAufenthFGV) bis zum 4. März 2025 zu verlängern. Trotzdem wird eine Registrierung bei den Ausländerbehörden vor Ort empfohlen. Eine Änderung gab es bei der finanziellen Unterstützung der Geflüchteten: Diese erhalten mittlerweile Unterstützung nach dem Sozialgesetzbuch. Die Jobcenter  sind die betreuenden Behörden.

Wohnraum für Flüchtlinge dringend gesucht

Der Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten ist enorm. Zahlreiche Privatleute wollen helfen und Wohnraum für Geflüchtete zur Verfügung stellen. Das ist dringend notwendig, denn öffentliche Unterbringungsmöglichkeiten sind nicht ausreichend. Angesichts der Anzahl an Geflüchteten ist die aktuelle Ankündigung der Bundesinnenministerin Nancy Faeser, 4.000 Geflüchtete in Immobilien des Bundes unterbringen zu wollen, nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Empfohlen wird grundsätzlich eine Unterbringung in Privatunterkünfte für einen Mindestzeitraum von drei Monaten. Je länger, desto besser. Einige Städte und Kreise sind jedoch so stark überlastet, dass dort selbst eine kurzfristige Unterbringung hilfreich sein kann. Erkundigen Sie sich bei Ihren Behörden vor Ort! Vieles spricht zunächst für eine unkomplizierte Hilfe, aber es ergeben sich Hürden, die genommen werden müssen.

Deutsches Mietrecht verhindert vielfach Unterbringung von Flüchtlingen

Mietvertrag ukrainische Flüchtlinge aufnehmen

Mietvertrag oder Leihvertrag? Was ist zu beachten?

Es gibt rechtliche Fragestellungen für Eigentümer und Vermieter, die bislang kaum behandelt werden. Viele Eigentümer möchten leerstehenden Wohnraum kostenfrei oder günstig zur Verfügung stellen. Großes Hindernis ist allerdings das deutsche Mietrecht. Eigentümer wissen, dass die Befristung eines Mietvertrags in Deutschland kaum möglich ist.

In den meisten Fällen wird es keine Probleme geben und die Ukrainer sind dankbar für eine Unterkunft. Trotzdem ist es immer ratsam, eine schriftliche Vereinbarung zu treffen, egal ob Sie Eigentümer sind und eine ganze Wohnung vermieten oder ob Sie selbst Mieter sind und einzelne Zimmer untervermieten. Es ist auch im Sinne der Flüchtlinge, eindeutige Regelungen zu treffen und von Beginn an Klarheit zu haben.

Eigentümer laufen in Gefahr, dass die leerstehende Immobilie in Extremfällen enorm an Wert verliert. Insbesondere bei einer Vermietung unterhalb der ortsüblichen Miete. IMMO.info liegen Fälle von Eigentümern vor, die aufgrund von rechtlichen Unsicherheiten bei der Vertragsbefristung ihren leerstehenden Wohnraum bislang nicht anbieten. Dabei ist die Befristung bei einer unentgeltlichen Zurverfügungstellung auch ohne Grund möglich.

Was müssen Eigentümer bei der Aufnahme von Flüchtlingen beachten?

Wir haben uns dazu mit Stefan Schmid, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht, in Verbindung gesetzt. Außerdem stellen wir einen kostenlosen Mietvertrag, beziehungsweise Leihvertrag als Mustervertrag zur Verfügung.

Interview mit Rechtsanwalt Stefan Schmid

Rechtsanwalt Stefan Schmid Immobilienrecht-Dresden Fachanwalt Mietrecht

Stefan Schmid, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Stefan Schmid ist seit 1994 Rechtsanwalt in Dresden und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Rechtsanwalt Stefan Schmid war in Großkanzleien in München tätig und leitet in Dresden die Kanzlei immobilienrecht-dresden.de  mit den Schwerpunkten privates Immobilienrecht und Mietrecht, Bau- und Architektenrecht, Verwaltungs- und Gesellschaftsrecht.

IMMO.info: Mieterschutz wird in Deutschland großgeschrieben. Eine zeitliche Befristung der Vermietung muss begründet werden. Auch bei Vermietung an Flüchtlinge aus der Ukraine. Was können Eigentümer vereinbaren, um die leerstehenden Wohnungen oder das leerstehende Haus zeitlich befristet zu vermieten? Welche Ausnahmen sieht das Mietrecht vor? Wie können Eigentümer ihr Risiko reduzieren?

Schmid: Grundsätzlich gibt es in Deutschland nur unter den Einschränkungen des § 575 BGB eine zeitliche Befristung von Mietverträgen über Wohnraum. Diese Ausnahmen treffen bei der Vermietung an Flüchtlinge aus der Ukraine meist nicht zu.

Es ist jedoch möglich über die Regelung des § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB dazu zu kommen, dass man einen zeitlich befristeten Mietvertrag abschließen kann. Dies ist dann möglich, wenn beide Seiten davon ausgehen, dass der überlassene Wohnraum nur zum vorübergehenden Gebrauch überlassen wird. Dies ist immer dann der Fall, wenn man davon ausgehen kann, dass die Wohnung nicht zum ständigen Lebensmittelpunkt werden soll. Dies sollte zu Dokumentationszwecken aber in einem schriftlichen Mietvertrag so festgehalten werden. In einem solchen Fall kann man einen solchen Vertrag auch ohne die Notwendigkeit eines sog. berechtigten Interesses kündigen, § 573c Abs. 3 BGB.

Bei der Überlassung möblierter Zimmer und von Wohnungen in einem vom Vermieter selbst mit bewohntem Zweifamilienhaus besteht zudem die Möglichkeit der erleichterten Kündigung nach § 573a Abs. 1 und Abs. 2 BGB.

Auf alle Fälle sollte aber ein schriftlicher Mietvertrag erstellt werden, in welchem die Ausnahmen, auf die man sich bezieht festgehalten werden.

Es ist jedoch möglich über die Regelung des § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB dazu zu kommen, dass man einen zeitlich befristeten Mietvertrag abschließen kann. Dies ist dann möglich, wenn beide Seiten davon ausgehen, dass der überlassene Wohnraum nur zum vorübergehenden Gebrauch überlassen wird.

IMMO.info: Gibt es einen rechtlichen Unterschied, wenn das leerstehende Objekt an die Gemeinde vermietet wird und diese das Objekt den Flüchtlingen überlässt?

Schmid: Dieser Unterschied besteht. Da die Gemeinde selbst nicht wohnen kann – sie ist keine natürliche Person – handelt es ich immer um einen sog. Gewerbemietvertrag. Dabei kommt es nicht auf das Betreiben eines Gewerbes an. Diese Bezeichnung dient nur der Unterscheidung zum Wohnraummietvertrag. Ein solcher Vertrag kann immer zeitlich befristet werden, ohne Einschränkungen. Daher besteht hier eine größere Rechtssicherheit für den Eigentümer und Vermieter.

IMMO.info: Welchen Unterschied macht es, wenn Eigentümer den Wohnraum unentgeltlich zur Verfügung stellen?

Schmid: Bei der unentgeltlichen Überlassung handelt es ich nicht um einen Mietvertrag, sondern um einen Leihvertrag. Dieser kann auch über Wohnraum abgeschlossen werden. Es muss dabei aber sicher gestellt werden, dass tatsächlich keine Gegenleistung geschuldet wird. Sonst handelt es sich um einen Mietvertrag, auch wenn man ihn anders bezeichnet hat.

Bei einem Leihvertrag kann eine Leihzeit, also eine Befristung vereinbart werden. Nach Ablauf dieser Zeit kann die Herausgabe der Wohnung verlangt werden. Der besondere Mieterschutz des BGB, wie bei einem Mietvertrag besteht nicht.

Verbrauchsabhängige Nebenkosten können vom Entleiher verlangt werden. Dies steht der Annahme eines Leihvertrages nicht entgegen. Dies hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.09.2017 (Az: VIII ZR 279/16) so festgestellt.

Bei der unentgeltlichen Überlassung handelt es ich nicht um einen Mietvertrag, sondern um einen Leihvertrag. Bei einem Leihvertrag kann eine Leihzeit, also eine Befristung vereinbart werden.

IMMO.info: Ein schriftlicher Abschluss eines Mietvertrags oder Leihvertrags wird empfohlen. Was muss ich hier beachten? Gibt es Musterverträge?
Schmid: Es empfiehlt sich immer der Abschluss eines schriftlichen Vertrages. Dies dient der Dokumentation und möglicherweise auch Beweiszwecken, sollte es später dennoch zu Streit kommen. Es muss sich aus dem Vertrag eindeutig der Grund der Befristung ergeben oder auch die Unentgeltlichkeit. Sollte man hier Zweifel haben, sollte man sich rechtlichen Rat einholen.

Der Mietgegenstand muss ebenso genau bezeichnet werden, damit man eine Abgrenzung von den anderen Räumen des Objekts vornehmen kann. Es kommt darauf an, welche Sicherheit man will. Danach muss der Vertrag gestaltet werden. Wichtig ist aber auf alle Fälle, dass man sich die Ausweispapiere des Mieters zeigen lässt und deren Inhalt notiert. Mit dem Einverständnis des Mieters kann auch eine Kopie davon gezogen und zum Vertrag genommen werden.
Da jeder Fall anders ist, kann ein Mustervertrag nur ein Anhaltspunkt sein. Er darf nie ohne weitere Prüfung übernommen oder nur ausgefüllt werden. Ein solches Muster ersetzt nie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls.

IMMO.info: Muss der Mietvertrag oder Leihvertrag in ukrainischer Sprache übersetzt werden? Oder reicht eine Vereinbarung in deutsche Sprache aus?

Schmid: Am besten wäre es, wenn man einen zweisprachigen Vertrag hat. Dann kann der Mieter später nicht behaupten, er hatte keine Kenntnis vom Inhalt des Vertrages. Man kann natürlich auch einen Übersetzer mit dazu ziehen. Dieser sollte dann aber schriftlich bestätigen, dass er den Inhalt des Vertrages übersetzt hat und das er den Eindruck hatte, dass der Vertragspartner alles richtig verstanden hat.

IMMO.info: Was passiert im schlimmsten Fall, wenn die Bewohner nicht wie vereinbart ausziehen?

Schmid: Wenn der Bewohner nicht freiwillig ausziehen will, nach Ablauf der vereinbarten Zeit oder nach Kündigung des Vertrages, müssen Sie beim zuständigen Amtsgericht eine Räumungsklage erheben. Nur wenn durch ein Gericht die Pflicht zur Räumung festgestellt wurde, können Sie einen Gerichtsvollzieher mit der Zwangsräumung beauftragen. Eigenmächtiges Handeln wäre in diesem Zusammenhang strafbar, da die Wohnung einen besonderen Schutz genießt, der im Grundgesetz verankert ist.

Bei einer eindeutigen Rechtlage kann so ein Prozess in der ersten Instanz bis zu 10 Monate dauern. Dies hängt sehr von der jeweiligen Arbeitsbelastung der einzelnen Gerichte ab. Dem Mieter kann das Gericht auch noch einen Räumungsschutz gewähren von bis zu 12 Monaten, wenn es nur sehr schwer möglich ist Ersatzwohnraum zu finden. Der Mieter muss aber dies auch nachweisen.

IMMO.info: Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview!

Mustervertrag für unentgeltliche Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen

Eigentümer haben im deutschen Mietrecht in vielen Fällen keine guten Erfahrungen mit der Befristung von Mietverträgen gemacht. Im Zweifelsfall stellen Sie deshalb den leerstehenden Wohnraum nicht zur Verfügung. Für den Fall der unentgeltlichen Zurverfügungstellung an Flüchtlinge handelt es sich jedoch nicht um eine Vermietung, sondern um eine Leihe. Es wird kein Mietvertrag, sondern ein Leihvertrag abgeschlossen. Eine zeitliche Befristung ist auch ohne Befristungsgrund möglich. IMMO.info stellt einen kostenlosen Mustervertrag als PDF zum Download zur Verfügung. Dieser betrifft lediglich die Überlassung von Wohnraum ohne Gegenleistung. Die Weiterberechnung von Nebenkosten im Rahmen der Leihe ist möglich, aber oft nicht empfehlenswert. Einerseits haben Eigentümer damit Abrechnungsaufwand für einen oftmals kurzen Zeitraum. Andererseits ist Vorsicht geboten. Wer mehr als die tatsächlichen Nebenkosten berechnet, wird zum Vermieter und rutscht in die strengen Regelungen des deutschen Mietrechts.

Eine Haftung oder Gewähr für Aktualität, Richtigkeit und Gültigkeit des Vertragsentwurfs wird ausgeschlossen. Der Mustervertrag dient lediglich als Beispiel und Orientierungshilfe. Ein Rechtsanwalt wird Ihre individuelle Situation berücksichtigen. 

Checkliste für Vereinbarung zur Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine

Wir haben einige wichtige Aspekte zusammengestellt, auf die Sie bei Abschluss eines Mietvertrags oder Leihvertrags mit ukrainischen Geflüchteten achten sollten. Eine Gewähr für die Richtigkeit oder Vollständigkeit können wir nicht abgeben. Klären Sie dies mit einem fachlich versierten Rechtsanwalt.

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