Der Bundesrat hat eine Streichung des Paragrafen 219a abgelehnt. Einen entsprechenden Entschließungsantrag der Bundesländer Berlin, Brandenburg, Hamburg, Thüringen und Bremen, der eine Abschaffung vorsah, lehnte die Mehrheit der Bundesländer ab. Paragraf 219a untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in grob anstößiger Weise geschieht. Damit soll auch sichergestellt werden, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht als normale Dienstleistung angesehen werden.

Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hat zuvor die Initiative der fünf Bundesländer verteidigt. Der 2019 erzielte Kompromiss sei inakzeptabel. Ärzte würden damit weiter kriminalisiert. Ein Schwangerschaftsabbruch sei unter bestimmten Voraussetzungen ebenso erlaubt wie eine Herz-OP. Das Gesetz könne nicht mehr reformiert werden und müsse abgeschafft werden.

Union und SPD hatten zu Beginn der Legislaturperiode monatelang über eine Reform des Paragrafen 219a, also des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche, gestritten und sich schließlich auf einen Kompromiss geeinigt. Vor zwei Jahren beschloss der Bundestag die Reform. Ihr zufolge dürfen Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen öffentlich darüber informieren, dass sie Abtreibungen durchführen. Auch der Hinweis auf weitere Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen von neutralen Stellen wie beispielsweise der Ärztekammer soll erlaubt sein.

SPD, Linke und Grüne für ersatzlose Streichung von 219a

Auslöser für die Debatte vor rund drei Jahren war ein Gerichtsurteil: Das Amtsgericht Gießen verurteilte Ende 2017 die Ärztin Kristina Hänel wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe. Abtreibungsgegner hatten entdeckt, dass sie auf ihrer Website auf das Angebot von Abbrüchen hinweist, und Hänel angezeigt. Die Ärztin machte ihren Fall öffentlich. Inzwischen liegt er beim Bundesverfassungsgericht, eine Entscheidung steht noch aus.

In ihren Wahlprogrammen haben sich nun fast alle Parteien wieder mit dem Thema beschäftigt. Die im Bundestag vertretenen Parteien außer der Union und der AfD fordern eine ersatzlose Streichung des Paragrafen 219a. SPD, Linken und Grünen geht es aber nicht nur um das Werbeverbot: Sie setzen sich dafür ein, auch den gesamten Paragrafen 218 – das Verbot von Abtreibungen – aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.

Der aktuelle Paragraf war nach der deutschen Einheit 1995 eine hart errungene Kompromisslösung. Inhaltlich besagt er, dass eine Abtreibung in Deutschland in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft zwar grundsätzlich verboten, aber unter bestimmten Umständen straffrei ist. Dazu gehört, dass sich die schwangere Frau zuvor in einer Beratungsstelle beraten lässt, die ihr dann eine entsprechende Bescheinigung ausstellt.