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Bundesliga Neuer Hertha-Investor sichert sich Großteil künftiger Gewinne

Neu im Team: Hertha-Präsident Kay Bernstein (l.) und Hertha-Geschäftsführer Thomas Herrich (r.) begrüßen 777-Partners-Gründer Josh Wander als neuen Mehrheitseigentümer bei dem Bundesligisten
Neu im Team: Hertha-Präsident Kay Bernstein (l.) und Hertha-Geschäftsführer Thomas Herrich (r.) begrüßen 777-Partners-Gründer Josh Wander als neuen Mehrheitseigentümer bei dem Bundesligisten
© IMAGO / Matthias Koch
Der neue Anteilseigner 777 Partners hat knapp 80 Prozent der Anteile von Hertha BSC übernommen. Sollte der seit Jahren defizitäre Bundesligist wieder Gewinne schreiben, erhält der US-Investor 95 Prozent der Ausschüttungen. Dafür werden seine Stimmrechte begrenzt

Der neue Hertha-Investor 777 Partners hat sich eine hohe Beteiligung an künftigen Gewinnen des Bundesligisten gesichert. Das geht aus neuen Dokumenten im Handelsregister hervor, die Capital ausgewertet hat. Demnach stehen dem US-Finanzinvestor aus Miami im Fall einer Gewinnausschüttung über Vorzugsaktien 95 Prozent des zu verteilenden Betrags zu. Dem Stammverein Hertha BSC e.V., der weiterhin eine Minderheit an der ausgegliederten Kapitalgesellschaft Hertha BSC GmbH & Co KGaA hält, mit der der Club am Spielbetrieb der Bundesliga teilnimmt, stehen demnach fünf Prozent der ausgeschütteten Gewinne zu.

Die seit Jahren defizitäre Hertha hatte am Wochenende den Einstieg des neuen Investors 777 Partners offiziell bekannt gegeben. Dafür hat das US-Unternehmen, das auch schon an anderen Fußballclubs in Spanien, Italien, Frankreich, Brasilien und Australien beteiligt ist, die Anteile in Höhe von 64,7 Prozent an der Hertha BSC KGaA übernommen, die zuvor die Investmentfirma Tennor von Lars Windhorst gehalten hatte. Nach einer monatelangen Schlammschlacht um die Macht bei Hertha, in deren Verlauf bekannt wurde, dass Windhorst eine israelische Sicherheitsfirma auf den früheren Clubpräsidenten Werner Gegenbauer angesetzt haben soll, hatte Tennor im Herbst seinen Rückzug bei Hertha angekündigt.  

Schon vor Monaten sollen sich Tennor und 777 Partners über einen Verkauf der Hertha-Anteile geeinigt haben – die Konditionen dieses Deals sind bisher unbekannt. Dagegen zogen sich die Verhandlungen zwischen der Clubseite und 777-Gründer Josh Wander noch hin. Der Prozess habe länger gedauert, als man habe erwarten können, unter anderem wegen der juristischen Formalitäten, sagte Wander bei der Vorstellung des Deals am Montag. Dort kündigte Wander an, weitere 100 Mio. Euro bei Hertha investieren zu wollen.

Investor: „Größter Respekt“ für 50+1-Regel

Aus dem Protokoll einer Gesellschafterversammlung vom vergangenen Freitag geht hervor, dass 777 im Zuge einer Kapitalerhöhung seinen Anteil an der Hertha BSC KGaA auf 78,8 Prozent erhöht hat – über eine Mischung aus Stamm- und Vorzugsaktien. Damit hält der Investor deutlich mehr Anteile als zuvor Windhorst.

Allerdings haben die Parteien vereinbart, dass die Stimmrechte eines Mehrheitseigentümers bei wichtigen Beschlüssen gedeckelt werden – und zwar bei rund 63 Prozent. Dadurch verfügt der Hertha BSC e.V. weiterhin faktisch über eine Sperrminorität, auch wenn sein Anteil an der KGaA nach der allein von 777 Partners gezeichneten Kapitalerhöhung auf 21,2 Prozent gesunken ist. Im Aufsichtsrat der KGaA stehen dem neuen Investor zwei der fünf Mandate zu, künftig werden dort Wander und sein 777-Mitgründer Steven W. Pasko sitzen.

Wander hatte bei seiner Präsentation am Montag gesagt, man habe den „größten Respekt“ dafür, wie der Fußball in Deutschland organisiert sei. Damit spielte er auf die sogenannte 50+1-Regel an, die die Kontrolle externer Investoren bei Bundesligisten begrenzt. Bei Hertha und anderen als Kommanditgesellschaften verfassten Bundesligisten wird dies unter anderem auch dadurch gewährleistet, dass über die Geschäftsführung allein durch den vom Club kontrollierten Komplementär entschieden wird. Hertha-Geschäftsführer Thomas Herrich hatte zudem angekündigt, dass die Verträge mit 777 nun der DFL zur Billigung vorgelegt würden.

Hertha BSC will kein „Big City Club“ mehr sein

Der Einstieg des US-Unternehmens und die von Wander angekündigte Bereitstellung von insgesamt 100 Mio. Euro frischem Kapital helfen Hertha aus einer schweren Finanzklemme. In den vergangenen drei Geschäftsjahren summierten sich die Verluste auf mehr als 200 Mio. Euro – vor allem wegen teurer Transfers und hoher Ausgaben für Spielergehälter, aber auch aufgrund von Einnahmeausfällen in der Coronakrise. In der ersten Hälfte des laufenden Geschäftsjahres 2022/2023 verbuchte Hertha ein weiteres Minus von knapp 45 Mio. Euro. Zudem steht in diesem Herbst die Rückzahlung einer 40-Millionen-Anleihe an. Beobachter sahen deshalb bereits die DFL-Lizenz für den Hauptstadtclub in ernster Gefahr.

Finanzchef Herrich und Clubpräsident Kay Bernstein kündigten am Montag erneut einen harten Konsolidierungskurs an. Mit Blick auf den früheren Investor Windhorst, der offen von einer schnellen Qualifikation des „Big City Club“ für die Champions League gesprochen hatte, sagte Bernstein, die Zeit des „Größenwahns“ sei vorbei. Herrich sprach von drastischen Kostensenkungen in den kommenden zwei bis drei Jahren. Die Sanierung werde „kein Sprint, sondern ein Marathon“. Doch falls Hertha irgendwann einmal wieder Gewinne machen sollte, landen diese in erster Linie in der Tasche des neuen Investors.

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